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Folterungen in spanischen Gefängnissen?

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Spaniens Innenminister, Tomas Garicano Gofti, erklärte einer Zeitung der Kanarischen Inseln, daB die Suspendierung des Artikels 18 der spanischen Grundrechte so lange aufrecht bleibt, wie die Subversion fortbesteht. Wahrscheinlich wollte er damit hoffnungsfrohen Gerüchten entgegentreten, die von einer vorzeitigen Abschaffung des im Dezember auf sechs Monate dekretierten „kleinen Ausnahmezustands" angesichts der ruhigen Lage wissen wollen.

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Spaniens Innenminister, Tomas Garicano Gofti, erklärte einer Zeitung der Kanarischen Inseln, daB die Suspendierung des Artikels 18 der spanischen Grundrechte so lange aufrecht bleibt, wie die Subversion fortbesteht. Wahrscheinlich wollte er damit hoffnungsfrohen Gerüchten entgegentreten, die von einer vorzeitigen Abschaffung des im Dezember auf sechs Monate dekretierten „kleinen Ausnahmezustands" angesichts der ruhigen Lage wissen wollen.

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Dieser „Meine" Ausnahmezustand, der der Polizei beliebig lange Verhöre und Freiheitsentziehungen erlaubt, wird von ihr an einigen Orten zu Ausschreitungen benutzt, die tiefe Besorgnis hervorgerufen haben. Hundert Anwälte, Mitglieder der Madrider Anwaltskammer, wandten sich an den Staatsanwalt des Obersten Gerichtshofes mit einem Schreiben, in dem sie diese Ausschreitungen anprangern und um Untersuchung bitten, da es sidi möglicherweise um Akte handle, die „im Strafgesetz aufgeführt werden", und da es der Häufigkeit der Fälle wegen nicht nur um Fehler einzelner Polizisten geht.

Selbstmordversuche nach Folter

Einige der Gründe, weshalb die Anwälte diesen Sdiritt unternsthmen, werden von ihnen aufgeführt. In den Madrider Gefängnissen bestehen Anweisungen, bereits angeklagte und vom Gericht in bedingte Freiheit entlassene Personen weiterhin zur Verfügung der Generaldirektion für Sicherheitswesen festzuhalten. Häufig werden Verhaftete aus den Gefängnissen in die Generaldirektion für Sicherheitswesen zu Verhören gebracht. In Madrid wurde kürzlidi ein Arbeiter nach Prozeßende aus dem Gerichtssaal weg verhaftet. Im Madrider Industrievorort Getafeund in Barcelona wurden Arbeiter innerhalb der Gewerkschaftslokale verhaftet, obwohl sie rein berufliche Probleme erörterten und die Aufhebung des Artikels 18 nicht das Recht der Versammlungsfreiheit beschneidet.

In Sevilla, wo sich zeitweilig mehr als 100 Personen in Polizeigewahrsam befanden, folterte die Polizei. Francisco Leon Temblador wurde mit Stromstößen „behandelt". In Granada wurden vier Fälle von Folterungen bekannt und in San Sebastian befindet sich der Anwalt Francisco Idiaquez Soriano seit mehr als einem Monat in Polizeigewalt. Er soll ebenfalls mißhandelt worden sein. „In Cartagena versuchte sich der Geistliche Abelino Hernandez Lucas, wahrsdieinlich auf Grund der’ physischen und moralischen Pres-flonen, denen er unterworfen war, aus dem Fenster zu stürzen… Ein Arbeiter aus Avilės unternahm einen Selbstmordversuch um, wie es scheint, weiteren Mißhandlungen zu entgehen."

In Madrid wandte sich eine Gruppe von Arbeitern, Studenten, Frauen politischer Häftlinge und Angehörigen der verschiedensten Berufe an die Botschaften von Peru, Bolivien, Finnland, Norwegen, Dänemark, Italien, Holland, Frankreich, Großbritannien, Belgien und Schweden mit der Bitte, auf die spanische Regierung einzuwirken, damit sie die Unterdrückung bremse, da „solange das Regime die Unterdrückung als einziges Element in seinen Beziehungen mit dem Volk benutzt, die Gefahr eines violenten Ausbruchs fortbesteht".

Begleitet wird dieses Schreiben von einer zugegebenermaßen unvollständigen Liste von Personen, die seit der Aufhebung des Artikels 18 verhaftet oder vor Gericht gestellt worden sind.

In Sevilla, das mit mehr als hundert Verhafteten an der Spitze der Polizeipressionen stand — was nicht zuletzt auf den Eifer des bereits in San Sebastian, Bilbao und Barcelona gefürchteten Polizeichefs Juan Creix zurückzuführen ist, der an den

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