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Geh hin und mach Frieden!

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Go there and make peace!“ (Geh hin und mach Frieden!). Das ist auf die kürzeste Formel gebracht der UN-Auftrag an die Männer unterm blauen Helm, die an Brandstellen der Welt Friedensdienst versehen. Österreichs jüngstem General, Generalmajor Hannes Philipp, 46, UNDOF-Commander in Damaskus, gelang auf diesem Weg die Einleitung einer neuen Entwicklung an der Golan-Front zwischen Israeli und Syrern. Die seit langer Zeit getrennten Drusen können sich nun seit 15. September bei Majd el Schams und Hadar, an einem ausgehandelten Begegnungspunkt, unter UN-Aufsicht die Hände reichen.

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Go there and make peace!“ (Geh hin und mach Frieden!). Das ist auf die kürzeste Formel gebracht der UN-Auftrag an die Männer unterm blauen Helm, die an Brandstellen der Welt Friedensdienst versehen. Österreichs jüngstem General, Generalmajor Hannes Philipp, 46, UNDOF-Commander in Damaskus, gelang auf diesem Weg die Einleitung einer neuen Entwicklung an der Golan-Front zwischen Israeli und Syrern. Die seit langer Zeit getrennten Drusen können sich nun seit 15. September bei Majd el Schams und Hadar, an einem ausgehandelten Begegnungspunkt, unter UN-Aufsicht die Hände reichen.

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Bei den abgelaufenen vierten Wiener Friedensgesprächen der IPA (International Peace Academy) für Militärs wurde dieses praktische Beispiel Modeüfall für das Unterrichtsfach „peacekeeping“. Generalmajor Philipp erläuterte während einer Woche vor internationalem Publikum am „Gamala“-Modell die Härten und die Freuden der Durchführung von friedenserhaltenden Aufgaben im Felde.

Den Drusen, einer völkischen Minorität mit Siedlungsgebiet Libanon und Antilibanon, vorwiegend griechisch-katholischen Glaubens, wurde durch die wiederholten Auseinandersetzungen zwischen Syrien und Israel, eher unbeachtet von der Weltöffentlichkeit, übel mitgespielt. Seit zwölf Jahren lebt dieses syrischarabische Volk mit ausgeprägtem Stammescharakter getrennt. In einem nördlichen Teil entlang des Hermonmassivs in Syrien und in einem südlichen Teil auf den Golan-höhen in Israel. Bangen um das Wohl von getrennten Verwandten und Freunden jenseits der Grenze, welche seit mehr als zwei Jahren die UN-Pufferzone entlang der Golan-höhen bis zum Gipfel des Hermonmassivs darstellt, kennzeichnet seither das Leben der Drusen.

Sporadische Grenzgänger landeten in den jeweiligen Gefängnissen. Oder in den Armen der Österreicher, die zwischen Israel und Syrien UN-Friedenswache schieben und vertragsmäßig verpflichtet sind, gegenüber den Streitparteien die Grenze sauber zu halten. Neben der notwendigen Verhinderung des Schmuggeins wurde die gegenseitige Angst vor dem Eindringen von Sabotagetrupps aus Israel oder aus Syrien zum Maßstab des Lebens an der toten Grenze. Die Leidtragenden blieben die Drusen, die die Verwirklichung ihrer Sehnsucht nach dem Wiedersehen mit den Getrennten in graue Ferne gerückt sehen.

Seit dem 15. September 1976 haben sich nun die Lebensbedingungen der Drusen eben in diesem Punkte radikal gebessert. Dieser Tag war der Auftakt zu nunmehr fest vereinbarten Begegnungstreffen zwischen den Drusen im Norden und deren Volksgenossen im Süden. Inmitten einer exterritorialen Zone, zwischen der Drusenstadt Majd el Schams in Israel und dem Drusenbergdorf Hadar in Syrien, wurde ein geschützter Begegnungspunkt errichtet, wo sich die Drusen unter österreichischer UN-Aufsicht endlich die Hände reichen können. Bei dieser ersten Begegnung drusischer Stammesangehöriger im Talkessel von Majd el Schams war auch jener Mann zugegen, dem die Drusen diese Lebenserleichterung zu verdanken haben.

Undof-Commander in Damaskus, Generalmajor Hannes Philipp aus Wien, mit 46 Jahren der jüngste General Österreichs, sieht das Erarbeiten und Anbieten von „guten Diensten“ als einen wesentlichen Teil seiner Friedensarbeit im Mittleren Osten an. Nach unermüdlichen, zähen Verhandlungen mit den beiden Streitparteien, mit den Syrern und mit den Israelis, ist es ihm nun gelungen, eine wesentliche Verbesserung der Lebensbedingungen für die Drusen in dem von den Österreichern des Ausbat kontrollierten Gebiet zu erwirken. Praktisch bedeutet der Erfolg Philipps die Erfüllung des 12 Jahre alten Drusenwunsches nach dem Wiedersehen mit den getrennten Freunden.

Mit der Errichtung des Begegnungspunktes im „Niemandsland“ zwischen Majd el Schams und Hadar wurde nicht nur eine neue Entwicklung im Mittleren Osten eingeleitet, darüber hinaus erfährt dadurch die in der Weltöffentlichkeit umstrittene UN-Präsenz der Österreicher zwischen Israel und Syrien eine erneute positive Bestätigung. Sie gilt damit den beiden* Parteien, die nach Philipps zähem Ringen einem Gebot der Menschlichkeit folgten, als Garant, daß die Drusenbegegnung unter UN-Aufsicht nicht zur befürchteten Infiltrationstätigkeit ausartet.“

Generalmajor Hannes Philipp, der beim abgelaufenen Peace Seminar 1976 in Wien mit seinem Simulationsmodell „Gamala“ als Instruktor fungierte, erklärte, daß die Tür nach der ersten Drusenbegegnung bei Majd el Schams nun offen sei für weitere Verhandlungen. Im Raum stehen noch rechtliche Probleme wie Erbschaften, Nutzungsrechte und Vermögensregelungen.

Sein Augenzeugenbericht von der ersten Drusenbegegnung am 15. September ist schlicht und bewegend: „Man kann die Wiedersehensszenen kaum schildern. Lang Getrennte fielen sich mit Tränen in den Augen in die Arme. Fast mußte man sie mit Gewalt trennen, als die Wiedersehensstunden vorüber waren. Meine Soldaten wie ich waren tief ergriffen!“

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