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Gredler hat Steine Losgetreten

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Wilfried Gredler hat manchen einen Dienst erwiesen, als er sich für eine letztlich aussichtslose Kandidatur für das höchste Amt im Staate zur Verfügung stellte. Was er damit an Steinen losgetreten hat, ist noch nicht völlig abzusehen. Einige jedenfalls.

Österreich hat er die Blamage erspart, im Ausland wieder einmal als Brutstätte des Neonazismus, verdächtigt zu werden, was geschehen wäre, hätte Norbert Burger am Ende allein die Stimmen aller Kirchschläger-Gegner aufgefangen.

Der SPÖ hat Gredler eine delikate Entscheidung erspart, was wohl zu tun gewesen wäre, hätte sich kein seriöser Gegenkandidat zum amtierenden Bundespräsidenten gefunden. Daß mit Gredler nun ein solcher an- tritt, steht außer Frage. Rudolf Kirchschläger selbst, dem sich der Herausforderer sogar freundschaftlich verbunden gibt, wird zu schätzen wissen, daß nun ein Wahlakt nicht zur Farce degenerieren muß.

Einen Dienst hat Gredler auch der von ihm mitbegründeten FPÖ erwiesen, die jede Stimme, die er über das Ergebnis vom 6. Mai hinaus auf sich zieht, als hoffnungsvolles Expansionskapital betrachten wird. Innerhalb der FPÖ aber steht nun Parteiobmann Götz, der von Anbeginn als Verfechter einer Gredler-Kandidatur galt, wieder ein wenig besser gegenüber seinem Rivalen Friedrich Peter da, der schon einen Zeillinger-Wer- beslogan geboren hatte. (Wie gut „ein wenig besser” in diesem Fall ist, mag offen bleiben. Von Götz-Glanz voll waren die letzten Monate gerade nicht.)

Für die ÖVP ist die Kandidatur Gredlers, der einmal in ihr die Vorfeldorganisation „Junge Front” aufgerüstet hatte, ehe er den Parteiwechsel vollzog, nicht problemlos. Sie hat zu einem Zeitpunkt auf eine Eigenkandidatur verzichtet, als es noch keinen Altemativkandidaten gab, was aller Logik nach als Zustimmung zu Kirchschläger aufzufassen war. Eine offene Wahlempfehlung für den SPÖ-Kandidaten aber würde emotionelle Kirchschläger- Gegner, die es in ihren Reihen ganz ohne Frage gibt, verprellen.

Aber selbst Gredlers Parteifreunde können nicht Freude ohne alle Trübung jetzt genießen. Zu sehr war vor der Entscheidung schon bekanntgeworden, wieviele Freiheitliche eigentlich jgustav Zeillinger oder Tassilo Broesigke als Kandidaten haben wollten. Die Rivalitäten dürften nicht über Nacht behoben sein. (Im übrigen steht außer Zweifel, daß jeder der beiden dem Anspruch, eine emstzunehmende demokratische Alternative zu repräsentieren, gleichfalls voll entsprochen hätte.)

Wilfried Gredler wird, daran ist nicht zu zweifeln, einen fairen und, mit Dank sei es im grauen Alltag der österreichischen Politik vermerkt, einen humorvollen Wahlkampf führen. Daß er politisch verwundbar ist, mag er schon den ersten Kommentaren entnehmen, die nicht an dem Umstand vorübergehen können, daß ein Kandidat antritt, der nicht nur im voraus schon beplaudert, was er nach der Niederlage zu tun und nicht zu tun gedenkt, sondern auch Themen für den Wahlkampf vorschlägt, die nichts mit dem höchsten Amt im Staat zu tun haben.

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