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Präsident für weitere sechs Jahre

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Rudolf Kirchschläger wird für weitere sechs Jahre zum Bundespräsidenten gewählt werden. Nie zuvor seit 1945 war eine Prophezeiung so risikolos wie dieses Mal. Und Österreich wird gut damit fahren.

Freilich gilt es, im selben Atemzug das Oftgesagte noch einmal zu wiederholen: Willfried Gredler ist für seine Bereitschaft zu danken, eine echte demokratische Wahl zu ermöglichen.

Er ist kein Kandidat, von dem man sagen muß: Weil er ohnehin nicht gewählt wird, kann man sich mit ihm abfinden! Man könnte sich auch mit einem Bundespräsidenten Gredler abfinden, was sicher nicht von jedem FPÖ-Kandidaten ohne Einschränkung zu sagen wäre.

Für alle, die glauben, aus einem subjektiv zwingenden Motiv Kirchschläger nicht wählen zu können, bietet sich Gredler als redliche Alternative an.

Keine Frage, daß dies von Norbert Burger nicht gesagt werden kann. Kein rechtschaffener Demokrat, kein gläubiger Christ könnte sich mit ihm als Staatsoberhaupt zufriedengeben.

Nur: Daß er kandidieren darf, entspricht der geltenden Gesetzeslage. Das Gesetz zu dehnen, war Burger nicht wert. Es nach vollzogener Wahl zugunsten einer größeren Unterschriftenzahl als Kandidaturvoraussetzung zu ändern, scheint wünschenswert. Man sollte mit der Konsequenz nicht lange zögern.

Ein Problem bleibt für viele, die sich mit Kirchschläger durchaus abfinden würden, nicht aber mit einem neuerlichen Wahlerfolg der SPÖ. Die versuchte Vereinnahmung Kirchschlägers durch die Regierungspartei ist unbestreitbar. Man kann sie der SPÖ auch nicht verbieten. Aber sie irritiert erheblich.

In solcher Sicht ist die Überlegung vieler Wähler, diesmal einen ungültigen Stimmzettel abzugeben, zunächst schon zu verstehen. Wahrscheinlich werden relativ viele diese Absicht auch verwirklichen.

Trotzdem sollte ein demokratischer Wähler sich eine solche Verhaltensweise doppelt und dreifach überlegen, wie auch der Moraltheologe Alfons Riedl aus Linz jüngst zu bedenken gab.

Weiße Stimmzettel sind eine Flucht vor klaren Entscheidungen. Auch der in öffentlichen Erklärungen sonst so zurückhaltende Rudolf Kirchschläger hat sich vor Entscheidungen in Grundsatzfragen nicht gedrückt.

Die Fristenregelung etwa hat er weder in der Regierung gutgeheißen (es handelte sich um einen SPÖ-Antrag im Parlament) noch im Nationalrat (dem er nie angehörte) noch als Präsident (weil noch sein Amtsvorgängerdas Gesetz unterschrieb); in der Öffentlichkeit hat er sich wiederholt davon distanziert.

Wem das noch immer zu wenig ist, der überlege gut die Art der Demonstration. Eine Stimme für Gredler mag in vielen Fällen noch eine demokratischere Lösung als ein weißer Stimmzettel sein.

Nach Kirchschlägers TV-Auftritt am letzten Sonntag ist außerdem noch zu bedenken, was er selber sagte: daß er jede Stimme über den SPÖ-Anteil hinaus als Vertrauensaviso aus politisch anderer Gegend deuten würde. Bei der Entscheidung über eine künftige Regierungsbildung könnte solches von einiger Bedeutung sein.

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