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Ich wähle Kirchschläger

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Am 18. Mai sind die Österreicher aufgerufen, ihren Bundespräsidenten für die nächsten sechs Jahre zu wählen. Rudolf Kirchschläger, am 23. Juni 1974 erstmals in dieses Amt gewählt, bewirbt sich, von der SPÖ nominiert, um eine Wiederwahl. Die FPÖ hat Botschafter Willfried Gredler als Kandidaten nominiert. Hier schreiben drei Mitbürger, was ihnen die Wahl leicht bzw. schwer macht.

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Am 18. Mai sind die Österreicher aufgerufen, ihren Bundespräsidenten für die nächsten sechs Jahre zu wählen. Rudolf Kirchschläger, am 23. Juni 1974 erstmals in dieses Amt gewählt, bewirbt sich, von der SPÖ nominiert, um eine Wiederwahl. Die FPÖ hat Botschafter Willfried Gredler als Kandidaten nominiert. Hier schreiben drei Mitbürger, was ihnen die Wahl leicht bzw. schwer macht.

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Warum sollte Rudolf Kirchschläger nicht wiedergewählt werden? Hat irgendjemand an seiner Amtsführung etwas auszusetzen gehabt? Angriffe gegen ihn, zum Teil von gewisser katholischer Seite, im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Fristenlösung, haben sich als nicht stichhältig erwiesen.

Was spricht also gegen Kirchschläger? Für manche anscheinend die Tatsache, daß er von den Sozialisten zu diesem Amt vorgeschlagen wurde und auch wieder vorgeschlagen wird. Es gibt sonst sehr ehrenwerte Männer und Frauen, die sagen, sie könnten keinen von den Sozialisten vorgeschlagenen Mann akzeptieren. Darauf könnte man ihnen die Frage stellen: Habt ihr einen besseren?

Die ÖVP hat keinen Gegenkandida-ten aufgestellt. Dies wurde allgemein für eine sehr kluge Entscheidung gehalten. Die politischen Gegner hätte es sicherlich gefreut, mit dem schlechten Abschneiden ihres Kandidaten der Volkspartei ihre politische Inferiorität nachzuweisen.

Daß bisher nur der zum Bundespräsidenten gewählt wurde, der von den Sozialisten aufgestellt wurde, mag bedauerlich sein, aber es ist eine durch die Erfahrung erhärtete Tatsache. Wen immer die Sozialisten aufgestellt haben, wurde gewählt.

Nun hatten die Sozialisten aber einen Mann aufgestellt, der nach Herkunft und Einstellung alles andere als ein Sozialist war. Und der wurde gewählt. Soll man ihn jetzt abwählen, nur weil er von den Sozialisten wiederaufgestellt wurde?

Vielleicht ist es auch von den Sozialisten zuviel verlangt, gerade jetzt, angesichts mancher Schwierigkeiten in ihren eigenen Reihen, auf einen verhältnismäßig leichten Triumph,zu verzichten, den Sieger bei der kommenden Bundespräsidentenwahl als ihren Kandidaten auszugeben. Ihn als ihren Parteimann auszugeben, haben sie nie versucht.

Ist das alles, was er für die Wiederwahl Kirchschlägers zu sagen hat, wird sich vielleicht mancher Leser hier fragen. Wann kommt er endlich mit dem Argument, das er doch eigentlich als erstes anführen sollte, der katholische Journalist in einer katholischen Zeitung, wann kommt er endlich mit dem Argument: Wählt Kirchschläger, weil er ein Katholik ist!?

Ich gebe zu, daß ich mich etwas schwer tue, diese Parole unbesehen zu verwenden. Ich habe in der Vergangenheit bei dem Schlagwort „Katholiken wählt Katholiken!” immer ein etwas ungutes Gefühl gehabt, zu deutlich war zu spüren, daß sich hier eine parteipolitische Parole einer religiösen Verbrämung bediente.

Nicht weil Rudolf Kirchschläger einen katholischen Taufschein hat, das haben in diesem Lande fast alle, sondern weil er seine Uberzeugung, die in seinem Fall eben eine katholische Uberzeugung ist, in jeder Situation bekannt hat, dafür schulde ich ihm als katholischer Österreicher Dank und Anerkennung.

Wenn schon von katholisch die Rede

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