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Indien ist aus der Mode

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Mit viel Mut, Ambition, guten Namen, hat sich die Grazer Oper dafür eingesetzt, eine Ausgrabung noch einmal zum Schlager zu machen: Georges Bizets Oper „Die Perlenfischer“, 1863, also noch vorder „Fille de Perth“, vor „Djamileh“, den ;,L’Ar- lesienne“-Suiten und zehn Jahre vor „Carmen“ entstanden, erlebte ihre österreichische Erstaufführung in französischer Sprache! Daß die sentimentale Oper diese erste Comeback- Serie von ein paar Aufführungen überleben wird, nehme ich allerdings kaum an.

Das liegt allerdings durchaus nicht nur an der Produktion, sondern am Werk selbst. Dirigent Argeo Quadri heizt diese schillernde, mit viel Raffinement instrumentierte Partitur zwar mächtig auf, Chöre und Solisten im Totaleinsatz, um diese schwierigen Ensembles effektvoll über die Rampe zu bringen. Aber man merkt der einst unglaublich erfolgreichen Musik an, daß von Akt zu Akt die musikalischen Einfälle dünner werden, daß im Grunde außer den zwei Leila-Arien und einer Nadir-Romanze nicht viel Zugkräftiges drinsteckt Ein bißchen altmodisch und verschmockt, Wie die ganze Handlung. Das ist der Gesamteindruck. Halt aus dem Archiv geholt.

Auch die Besetzung kann diesen Eindruck nicht ausgleichen: Vor allem Lilian Sukis fehlt für die Leila-Figur ein wenig vom strahlenden Sopran-

Bei den „Komödianten“

glanz. Sie singt die Partie sehr kultiviert. Aber in solcher Biederkeit dürfte diese indische Tempelsängerin nicht steckenbleiben; ein Geschöpf, das sein Priesteramt und alle Gelübde um einer alten Liebe zürn Jäger Nadir willen vergißt, sich diesem Nädir’hin- gibt und dafür mit ihm auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden soll. Ihr Glück, daß auch ein anderer, der Fischer Zurga, sie liebt, dem sie einst das Leben gerettet hat. Und der verhilft beiden zur Flucht, indem er im Lager der Perlenfischer einen Brand legt. Dabei kommt er selbst um.

Vittorio Terranova singt den Nadir: Da fehlt es ganz schön an Höhe. Er rettet sich gelegentlich ins Pianofalsett, was seine Arie aber färb- und tonlos macht. Eine Entdeckung für Georg Tichy ist die Partie des Zurga: Die kraftvolle, warm-timbrierte Stimme paßt genau dazu.

Einige Schuld an der stellenweisen Langeweile dieser Premiere trifft vor allem den Regisseur Alfred Wopmann. Er kommt kaum übers Opernklischee hinaus. Wie schon so oft stehen die Figuren unbedarft herum. Jean-Pierre Ponnelle entwarf ein Einheitsbühnen- büd, eine steinerne Tempelanlage mit einer dreigesichtigen Gottheit. Ganz hübsch und stimmungsvoll. Nur vom Meer, das doch eigentlich das Lebenselement dieser Perlenfischer ist, ist weit und breit nichts zu sehen.

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