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Jetzt ist die Justiz am Zug

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Mit der Ubergabe einer sogenannten Sachverhaltsdarstellung in Sachen des Steuerpflichtigen Hannes Androsch durch Finanzminister Herbert Salcher liegt nun der weitere Ablauf der Ereignisse erst einmal bei der Justizbehörde.

Der zuständige Staatsanwalt kann nach Uberprüfung der Verdachtsgründe einmal zum Entschluß kommen, daß ein begründeter Verdacht auf Steuerhinterziehung nicht vorliegt. Dann muß die Anzeige zurückgelegt werden — allerdings muß eine Begründung dafür dem Anzeiger übermittelt werden.

Der Staatsanwalt kann aber zur weiteren Beweisaufnahme entweder die Vorerhebung einleiten oder den Antrag auf Voruntersuchung stellen.

Im Rahmen der Vorerhebung stellen sich dem Staatsanwalt zwei Möglichkeiten:

Einmal kann er die Wirtschaftspolizei einschalten, die dann unter seiner Leitung zusätzliche Beweismittel herbeizuschaffen versucht. Allerdings darf die Wirtschaftspolizei ohne Auftrag eines Richters zum Beispiel keine Bankkonten öffnen. Zum Zweck der Beweisführung kann der Staatsanwalt auch an die Finanzbehörden herantreten.

Wählt der Staatsanwalt den Weg der gerichtlichen Vorerhebung, dann ermittelt ein Untersuchungsrichter im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Der Richter darf aber in einer solchen Vorerhebung lediglich die Anträge der Staatsanwaltschaft befolgen und nicht von sich aus tätig werden.

Am Ende der Vorerhebungen steht entweder die Beendigung des Verfahrens mangels an Beweisen oder ausreichender Verdachtsmomente, oder der Staatsanwalt beantragt die Voruntersuchung.

Die Voruntersuchung leitet der Untersuchungsrichter (er ist im Gegensatz zum Staatsanwalt nicht weisungsgebunden). Der Staatsanwalt darf aber im Zuge der Voruntersuchung Anträge stellen. Der Untersuchungsrichter darf — im Gegensatz zum Staatsanwalt — die Öffnung von Bankkonten verlangen.

Die Arbeit des Untersuchungsrichters endet dann, wenn er glaubt, genügend belastendes Ma-

terial gesammelt zu haben, auf Grund dessen der Staatsanwalt die Anklage einbringen kann. Innerhalb von zwei Wochen muß nun der Staatsanwalt entscheiden, ob er von der Verfolgung zurücktritt oder tatsächlich die Anklage formuliert. Liegt die Anklageschrift vor, wird die Hauptverhandlung angeordnet, in der dann ein unabhängiger Richter zu entscheiden hat.

Vor Gericht darf sich dann der von Finanzminister Salcher genannte, momentan noch anonyme Zeuge aus der Zentralsparkasse nicht mehr der Aussage vor Gericht entziehen. Es sei denn: er ist entweder Journalist (Journalisten dürfen sich unter Hinweis auf das Redaktionsgeheimnis der Zeugenschaft entschlagen) oder Verwandter des(der) Beschuldigten. Beamte haben vor Gericht unter Hinweis auf das Amtsgeheimnis das sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht. Sie können aber von dieser Verschwiegenheit entbunden werden, wenn der Richter ein übergeordnetes Interesse feststellt.

Auch dem „gewöhnlichen" Zeugen steht nach Paragraph 153 Strafprozeßordnung ein „bedingtes Zeugnisverweigerungsrecht" zu, wenn der Richter anerkennt, daß zum Beispiel die nach der Aussage zu erwartende Schädigung für den Zeugen schwerer wiegt als die Interessen des Gerichtes.

Was die Klage gegen Finanzminister Salcher wegen Amtsmißbrauch betrifft, eingebracht durch den Androsch-Anwalt, so ist ihr Erfolg beinahe aussichtslos. Denn der Beweis der „Wissentlichkeit" und „Schädigungsabsicht" ist noch weit schwerer zu erbringen, als aus der verwirrenden Kontenvielfalt des Salcher-Vorgängers neue Beweise für ein Steuervergehen zu finden.

Auch letzteres ist eher unwahrscheinlich. Sowohl in einer eventuellen Vorerhebung, aber auch in einer Voruntersuchung spielt die Finanzbehörde bei der Beweisf in-dung eine große Rolle. Und diese Behörde hat ja schon zweimal festgestellt, daß der Verdacht auf Steuerhinterziehung durch Hannes Androsch unbegründet bzw. nicht ausreichend beweisbar ist.

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