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Jugend aur Raude der geslltchafs

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Im Jahr 1982 wurde von der Caritas der Erzdiözese Wien ein neues Jugendhaus eröffnet. Dieses Haus ist offen für junge Männer, die zu den sogenannten Randgruppen der Gesellschaft gezählt werden, weil sie aus verschiedenen Gründen aus dem sozialen Netz der Gesellschaft gefallen sind. Viele kennen ihre Eltern nicht, die meisten sind in Pflegefamilien, Heimen oder auf der Straße aufgewachsen und deshalb auch oft auf die schiefe Bahn geraten.

Jugendliche, die im Jugendhaus ein neues Zuhause gefunden haben, beschreiben ihre Lebensgeschichte so:

„Bevor ich ins Jugendhaus kam, hat sich mein Leben oft auf den Gassen und Straßen abgespielt. Ich war oft mit meinen Gedanken alleine. Ich habe meine Eltern verloren und habe auch keine Verwandten und Geschwister.“ E.

„Ich wurde nach drei Jahren Haft entlassen.“ B. „Da ich in Heimen aufgewachsen bin und nie richtige Mutterliebe hatte, wurde ich so erzogen, wie man in Heimen erzogen wird. Man ist im Heim, wird aus dem Heim entlassen, und der nächste Schritt ist die Kriminalität. Ich wurde entlassen, und da ich früher getrunken hatte, wurde es noch schlimmer, es wurde fast zur Abhängigkeit.“ L.

Geprägt durch ihre Lebensgeschichte stellt sich diesen jungen Menschen die Sinnfrage besonders massiv. Sie fühlen sich an den Rand gedrängt und sehen keine Zukunft für ihr eigenes Leben. Der Neubeginn ist äußerst schwierig, da nur wenige eine abgeschlossene Ausbildung besitzen, Vorstrafen die Arbeitssuche erschweren, oft Alimente, alte Ratenzahlungen und Schulden zu begleichen sind. Zu all dem verleitet das Lebensgefühl, ein Versager zu sein, zu Alkohol und Drogen, um wenigstens für Stunden die Tragik vergessen zu können.

So sehen also Menschen aus, die wir an den Rand unserer Gesellschaft stellen. In den Augen Jesu aber sind gerade sie es, die immer zu kurz gekommen sind, sich verloren und gescheitert fühlen, unter Schuld leiden, keine Heimat haben und nach Gerechtigkeit und Liebe schreien, die in die Mitte gerufen werden. Ihnen gilt in erster Linie die Frohe Botschaft von der Vergebung und vom neuen Anfang. Pater Karl Rahner SJ, der das Jugendhaus kennt, schreibt über diese jungen Menschen: „Ob einer, dervom Alkohol gefährdet ist, der nicht recht weiß, was er eigentlich in seinem Leben treiben soll, oder ob der, der vielleicht schon einmal hinter Gittern gesessen ist, wirklich vor Gott und auch nach den Maßstäben einer höheren, echteren, radikaleren Menschlichkeit wirklich der Geringste ist, das ist ja noch die Frage. Ich müßte eher sagen: Ich, der ich - ich kann auch nichts dafür - in einer bürgerlichen Wohlanständigkeit aufgewachsen bin, so mein Leben verbrachte und mein Brot verdiente, finde in diesem Jugendhaus der Caritas vielleicht Menschen, die zwar als die Geringsten von der spießbürgerlichen Gesellschaft betrachtet werden, aber im Grunde genommen - mindestens sehr oft - großartige Menschen sind, die auf ihre Weise, wenn auch nicht nach den Maßstäben unserer Gesellschaft, mit ihrem Leben fertig werden.“ Das Zusammenleben im Jugendhaus von „Gescheiterten“ und „Nichtgescheiterten“, gemeinsame Arbeit im Haus, gemeinsame Freizeitgestaltung und gegenseitige Hilfeleistung ermöglichen den Jugendlichen eine gewisse Integration in eine christliche Gemeinschaft und in die Gesellschaft.

Andrea Taffemer ist Mitarbeiterin im Jugendhaus der Caritas der ED Wien

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