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Mit einer harten, aber wahren Werbeaussage kampft Osterreichs nationale Fluggesellschaft, die sich langsam, aber sicher ganz von ihrer alten, ominosen Kurzformel AUA trennen will (in Deutschland ist „aua!“ gleichbedeutend mit „auweh!“), um Marktanteile im groBen Ostgeschaft. In der neuen, von der Werbeabteilung der Austrian Airlines gemeinsam mit der Werbeagentur Gould & Cargill konzipierten Kampagne empfiehlt sich die von vielen Fluggasten Jahre nach dem Auslaufen der ..Friendly-Airline“-Kampagne noch immer als friendly empfundene Gesellschaft als „westlicher Experte fiir Osteuropa“.

In den kontinentalen Ausgaben amerikanischer Magazine, wie „Time“, „Newsweek“ und ..National Geographic“, aber auch im ..Spiegel“, werden unter anderem Anzeigen zu sehen sein, die ganz im modernen Trend mit Austrian-Airlines-Signet und Ikone aufgemacht, werbekraf-tige Fakten einem internationalen Reisepublikum zur Kenntnis brin-gen: „Fliegen Sie zum erstenmal nach Osteuropa? Machen Sie sich nichts draus, verschiedene Flug-gesellschaften sind auch in dieser Lage. Wir aber flogen am 1. Februar zum 11.426. Male bin.“

Rein aufierlich betrachtet, ist die neue Austrian-Airlines-Werbung moderne, rationale Fluglinien-Werbung, die mit handfesten Argu-menten operiert. Welche Argumente dabei in den Vordergrund gestellt werden, blieb allerdings nicht mehr, wie in friiheren Zeiten, dem mehr oder weniger ausgepragten Finger-spitzengefiihl iiberlassen. Vielmehr orientiert sich die neue Werbe-linie der friendly Airline sehr eng an den Ergebnissen einer Unter-suchung, die von einem osterreichi-schen Institut fiir Meinungsforschung kiirzlich durchgefiihrt wurde.

Eines der Ergebnisse: Austrian Airlines profltieren nooh sehr stark von ihrem in friiheren Jahren ge-pragten Image als friendly Airline, aber der Bordservice ist heute kein Verkaufsargument mehr. Hingegen ist die Erfahrung einer Fluggesell­schaft als sehr verkaufstrachtiger Faktor zu veranschlagen. Austrian sind als Experten fiir den Osteuropa-verkehr tatsachlich von keiner ande-ren westlichen Fluggesellschaft iibertroffen und gedenken diesen Vorteil durch werbliche Argumenta­tion zu kapitalisieren.

Das inlandische Flugpublikum wird von der neuen Werbekampagne mit anderen, aber ebenso schlagkraf-tigen Aussagen konfrontiert, die man unter den Generalnenner des Heim-vorteils stellen kann. Denn mag die heimische Airline auch im inter­nationalen Vergleich eine kleine Ge­sellschaft sein, so bleibt doch die Tatsache unwiderlegbar, daB keine andere Fluggesellschaft so stark auf die Interessen des osterreichischen Reisepublikums Bedacht nehmen kann. Daher wird der Heimvorteil, der schon in der letzten Austrian-Kampagne stark anklang, diesmal im Mittelpunkt der Austrian-Werbung in osterreichischen ^Werbemedien stehen. Die erwahnte Befragung brachte eine interessante Tatsache zur Kenntnis des darob begreif-licherweise sehr erfreuten Manage­ments der Gesellschaft: Ihr Image ist lange nicht so schlecht, wie es immer wieder hingestellt wird. Es ist, ganz im Gegenteil, sogar sehr (manche sagen: uberraschend) gut. Nur 18 Prozent der Befragten waren der Meinung, Osterreich brauche keine nationale Fluggesellschaft, und nur 1 Prozent auBerte sich unentschie-den. Nur 11 Prozent be j ah ten die Notwendigkeit einer osterreichischen Airline mit der Einschrankung: „Wenn sie kein Deflzit hat.“ .

Der Rest zeigte sich uneinge-schrankt von der Notwendigkeit der rotweiBroten Silbervogel iiberzeugt — 43 Prozent wegen ihrer Bedeu-tung fiir Osterreichs Image und Pre­stige, 24 Prozent im Interesse des Fremdenverkehrs, 33 Prozent ganz allgemein oder wegan der Wichtig-keit des Flugverkehrs an sich.

Da der Osterreicher in dem Geruche steht, fiir patriotische Argu­mente wenig tibrig haben, mag auch das Ergebnis iiberraschen, daB Austrian Airlines innerhalb der Zielgruppe „6sterreichisches Flug­publikum“ von einem erstaunlich hohen Prozentsatz am haufigsten be-niitzt wird (49 Prozent gegeniiber der am zweithaufigsten beniitzten Ge­sellschaft mit 28 Prozent).

Austrian Airlines haben (ange-sichts von 88 Prozent „Spontannen-nungen“) zweifellos in Osterreich ein sehr starkes Image — aber eines, das auch von kraftigen negativen Zugen nicht frei ist. Alle anderen negativen Ziige treten aber gegeniiber der „wirtschaftlichen Gestion“ der Ge­sellschaft in den Hintergrund.

Bislang sieben neue Silbervogel der Type DC 9 (zwei folgen noch heuer, bis Jahresmitte soli die letzte der bewahrten Caravelles aufier Dienst gestellt sein) heben ihre Image, sind aber noch nicht genug popular.

Das Mangement scheint sich durchaus der Tatsache bewuBt zu sein, daB die alte AUA sehr viel mehr negative Publicity in Oster­reichs Presse genoB, als alle tatsach-lichen wirtschaftlichen Schwierigkei-ten gerechtfertigt hatten. Meistens machte der (haufig gehassige) Ton die Musik — die alte AUA hatte kein sehr gutes Verhaltnis zu einem groBen Teil der osterreichischen

Presse. Auf dem Gebiet der Offent-lichkeitsarbeit wurden ja auch ge-radezu sagenhafte Schnitzer ge-macht. Auch das hat sich weitgehend gebessert — und auch dies tragt be­reits seine Fruchte in Form einer noch zuruckhaltenden, aber objektiv, und prinzipiell wohlwollend, gewor-denen Berichterstattung.

Die Austrian Airlines haben aber auch erkannt (und die Marktunter-suchung konnte es bestatigen), daB auf dem Inlandsmarkt ihr Geschafts-umfang weniger durch den direkten Konkurrenzkampf als durch Wer-bung fiir das Fliegen uberhaupt ver-groBert werden kann. Daher wird das Unternehmen MaBnahmen set-zen, die darauf abzielen, das Image des Linienfluges zu heben, Charter-fluggaste (die ja die bedeutendste Hofmungsgruppe fiir die Linien dar-stellen) auch in linienmaBig fliegende Maschinen zu bekommen und den osterreichischen Urlaubern vor Augen zu fiihren, daB zwischen Charterflug und normalem Linien-flug ja auch noch die Alternative einer IT-Ferienreise (Linienflug mit Hotelarrangement) besteht. Bei der Umfrage zeigte sich ein uberraschend

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