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Mitschuldig

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Für das, was in Basel mit dem Rhein passiert ist, gibt es keine Entschuldigung. Das Unglück wurde durch eine durchaus verzichtbare Che-mikalie ausgelöst. Wer eine solche erzeugt, muß dafür sorgen, daß auch im GAU-Fall kein derartiger Schaden entstehen kann. Läßt sich dieser aber auch bei allen erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen nicht ausschließen, darf ein derartiges Produkt nicht erzeugt werden.

Was aber ist zu tun, wenn es um die Produktion eines lebenswichtigen Produktes (etwa eines lebensrettenden Medikaments) geht, bei der gefährliche Giftstoffe unvermeidlich sind? Und wie soll man sich verhalten, wenn es um die Produktion von (im Normalfall) zwar nicht lebenswichtigen, aber hilfreichen Produkten wie Batterien geht?

Im ersten Fall wäre es wohl unverantwortlich, im zweiten unrealistisch, auf eine Produktion völlig zu verzichten. Die Lösung kann daher nur lauten: Permanent nachdenken, wie man auch bei diesen Produkten den Anfall von Schadstoffen vermeiden oder zumindest verringern kann. Und dafür Sorge tragen, daß der wirlich unvermeidliche Sondermüll gefahrlos deponiert werden kann.

Das ist weniger ein technisches als ein politisches Problem. Denn daß von den etwa 500.000 Tonnen Sondermüll, die pro Jahr in Österreich anfallen, geschätzte 90 Prozent unkontrolliert verschwinden, liegt nicht daran, daß 90 Prozent der Produzenten und Händler gewissenlose Schurken sind. Das liegt eher daran, daß auch der gewissenhafteste Unternehmer derzeit praktisch keine Chance hat, den bei ihm anfallenden Sondermüll ordnungsgemäß zu deponieren. Es gibt zwar seit 1984 ein Gesetz zur Regelung der Sonderabfallbeseitigung, aber nach wie vor keine entsprechenden Einrichtungen.

Wann immer und wo immer eine solche geschaffen werden soll, formiert sich flugs eine Bürgerinitiative und erzwingt ein „IVein“ des zuständigen Bürgermeisters.

Man denke nur daran, daß auf dem Werksgelände der Chemie Linz nach wie vor Dutzende Fässer mit hochgiftigem Dioxin lagern, weil man dem Unternehmen sowohl die Ausfuhr als auch jedwede Deponie verweigert. Wer wird die Verantwortung übernehmen, sollte es in Linz einmal zu einer Katastrophe kommen?

Ich bin der Meinung, daß Bürgerinitiativen und feige Kommunalpolitiker, die Sondermülldeponien an den technisch dafür am besten geeigneten Orten verhindern, sich an ökologischen Katastrophen genauso schuldig- machen wie sorglose Techniker und verantwortungslose Manager, die nur die letzte Zeile ihrer Bilanz vor Augen haben.

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