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280.000 Tonnen Müll verwerten und vermeiden

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Die Luftverpestung durch die Großindustrie konnte in Oberösterreich bereits erheblich gedrückt werden. Jetzt widmet sich das Bundesland dem Sorgenkind Nummer zwei: dem Müllberg, der auch den Oberösterreichern allmählich über den Kopf wächst.

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Die Luftverpestung durch die Großindustrie konnte in Oberösterreich bereits erheblich gedrückt werden. Jetzt widmet sich das Bundesland dem Sorgenkind Nummer zwei: dem Müllberg, der auch den Oberösterreichern allmählich über den Kopf wächst.

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Linz, als Stadt der „Stahlkocher“ und der luftverpestenden Großindustrie zu unrühmlichen Ehren gelangt, arbeitet hart daran, die Kommune lebenswerter zu machen. „Die verschiedenen Umweltschutzmaßnahmen in unseren Großbetrieben“, so Umweltstadtrat Josef Ackerl, „liegen durchaus im Zeitplan, die Sanierungen werden termingerecht durchgeführt.“

Immerhin: Seit 1985 konnte die Menge der Luftschadstoffe (Schwefeldioxid, Staub und Stickoxide) von 45.000 Tonnen pro Jahr auf 28.000 Tonnen reduziert werden. Bis 1990 will man den Schadstoffcocktail unter 20.000 Tonnen drücken. Darüber hinaus ist ein zweites Maßnahmen-Paket für die Großindustrie im Gespräch.

Mehr Sorgen als die „Großen“ bereiten Stadtrat Ackerl die Klein- und Mittelbetriebe. Hier ist es aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Voraussetzungen ungeheuer schwierig, effektive Maßnahmen zum Schutz der Umwelt durchzuziehen.

Ein Beispiel: von 51 Chemisch-Putzereien in Linz werden noch immer 22 mit offenen Systemen betrieben. Ackerl: „Für sie und die von uns beanstandeten Unternehmen — ein Betrieb hat die geltenden Grenzwerte um das Dreißigfache überschritten! — wurde heuer im Sommer die Förderung eingestellt.“ Drei Betriebe mit deutlichen Grenzwertüberschreitungen werden mit rigorosen Auflagen, mit Strafanträgen und gewerblichen Sanierungsbescheiden „bedacht“.

In Linz ist man übrigens derzeit auch dabei, einen „Sachverständigenrat“ auf privatwirtschaftlieher Basis einzurichten. Die Sachverständigen — in erster Linie Ziviltechniker - sollen die beamteten Umweltschützer unterstützen.

Was den Müll betrifft, so hat man in Linz einen Abfallwirt-schafts-Beirat mit Bürgerbeteiligung eingerichtet. Unter Mitwirkung des Öko-Instituts (Wien) erarbeitet man derzeit ein Abf all-wirtschafts-Konzept mit Schwerpunkt auf Müllvermeidung und Mülltrennung, also Recycling. Der Rest soll dann in der Hochtemperatur-Verbrennungsanlage entsorgt werden, die die Voest entwickelt. Ackerl: „Die Anlage funktioniert bereits bestens, Probleme gibt es lediglich noch beim E-Filter, aber auch das wird in absehbarer Zeit bereinigt werden.“

Die Mülldeponie der Stadt Linz wird nun — nach dem Muster der Wiener Mülldeponie am Rautenweg — mit einer doppelten Schmalwand samt integriertem Pumpsystem saniert. Geschätzte Konten: etwa 80 Millionen Schilling. Für das Aufspüren von Altlasten hat übrigens Stadtrat Ackerl jetzt einen eigenen Tiefbauingenieur eingestellt.

Für Umwelt-Landesrat Josef Pühringer liegt das Hauptproblem derzeit bei der Müllentsorgung auf'allen Ebenen. Ganz besonders unter den Nägeln brennt natürlich die Sondermüllfrage -immerhin fallen im Land pro Jahr 70.000 Tonnen an, produziert von 6.000 Betrieben. Eine genaue Untersuchung läuft derzeit und soll bis März kommenden Jahres genauere Angaben ermöglichen.

Intensiv sucht man im Land auch nach einem geeigneten Standort für eine Sondermüll-Verbrennungs-Anlage. Landesrat Pühringer: „Bis Anfang 1989 sollte dieser Standort feststehen. Wir werden dann an den Bund herantreten und vorschlagen, in Verbindung mit der Verbrennungsanlage auch eine Sondermülldeponie zu errichten.“

Grundsätzlich, so Pühringer zusammenfassend, wird man aber in Oberösterreich ohne eine eigene Sondermüll-Verbrennung und eine Sondermüll-Deponie nicht auskommen können.

Was den—zwar weniger brisanten, dafür aber von Menge und Volumen ebenfalls dramatischen — Hausmüllbereich betrifft, so existiert im Land ob der Enns zwar ein eigenes Landeskonzept. Trotzdem beginnt natürlich auch den Oberösterreichern der Müllberg langsam über den Kopf zu wachsen. So ist besonders für das Traunviertel (Steyr-Land und Linz-Land) ein eigener Deponie-Standort notwendig. Entsprechende Vorschläge von Wissenschaftern der Technischen Universität Wien sollen in Kürze vorliegen.

Von den insgesamt 280.000 Tonnen Hausmüll, die in Oberösterreich pro Jahr anfallen, werden bereits 44.000 Tonnen in irgendeiner Form wiederverwertet. „Was wir weiterhin perfektionieren müssen“, so Landesrat Pühringer,

„ist ein integriertes Konzept, bestehend aus:

• Müll vermeiden,wo immer nur möglich,

• Müll wiederverwerten so weit als möglich, und nur den Rest deponieren beziehungsweise verbrennen.“ Letzteres soll in Wels mit der geplanten Anlage zur Hausmüllverbrennung (die fünf bis sieben Bezirke entsorgen soll) nach vorgehender Trennung in eine brennbare Faktion beziehungsweise in Wiederverwertbares in vier bis fünf Jahren passieren.

Das Spezialproblem der Sondermüll-Deponie bei Ranshof en — Sanierung durch Schlitzwände und Klärung der Sickerwässer vor Ableitung in den Vorfluter — soll, so Pühringer, „bald entschieden werden“. Was die Altlasten-Sanierung betrifft, so wurden dem Land bisher zwölf Standorte gemeldet, bei zehn Hausmüll-Altlasten soll im kommenden Jahr mit einer Sanierung begonnen werden.

Am Abwassersektor machen die Papier- beziehungsweise Zellstoff-Fabriken in Lenzing und Traun dem Umweltpolitiker noch einige Sorgen, obwohl er auf ein „gutes Einvernehmen“ mit den Betrieben hinweist. Denn bis 1991 will man erreichen, daß die Flüsse Traun und Ager wieder Güteklasse II aufweisen. „Besonders die Lenzing AG wird sich - was verschiedene innerbetriebliche Maßnahmen betrifft - noch etwas anstrengen müssen“, meint Pühringer.

Sind die Umweltschutzprobleme in Oberösterreich - hier konnte ja nur ein kleiner Ausschnitt geboten werden — auch noch so vielfältig: „Am Geld“ - so der Umwelt-Landesrat -, „am Geld sollte es bei uns nicht scheitern ...“

Der Autor ist Chefredakteur von „Umweltschutz“, dem österreichischen Magazin für Ökologie, Wirtschaft und Umwelttechnik.

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