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Einfälle gegen Abfälle

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Der Müllberg wächst und wächst. Allein in Wien verdreifachte sich zwischen 1970 und 1988 der durch die Müllabfuhr zu beseitigende Mist. Was tun, wollen wir nicht im Dreck erstickten?

Elf europäische Städte schickten kürzlich ihre „Müll-Vertreter“ zu einem Kongreß in das Wiener Austria Center, um gemeinsame Probleme zu diskutieren beziehungsweise Lösungsansätze zu suchen. Vor allem der Abfallvermeidung wurde große Bedeutung eingeräumt; die Altstoffverwertung,

Kompostierung von Küchen- und Gartenabfällen sowie Fernwärmenutzung und umweltgerechte Deponierung waren weitere zentrale Themen.

Alle elf Städte - Wien, Graz, Linz, Budapest, Zürich, München, Paris, Stockholm, Berlin, Kopenhagen und Rom - setzen auf mehr Aufklärung der Bevölkerung. Die Information über die getrennte Sammlung von Papier, Glas, Metall, Textilien einerseits und Abfällen aus Küche und Garten zur Herstellung von Viehfutter und Humus andererseits sei immer noch nicht ausreichend, hieß es. Allein von dieser Maßnahme erwarten sich die Experten eine Abfall Verringerung bis zu 30 Prozent. Hausmüll würde bei einer konsequenten Trennung der Rohstoffe und des Kompostmäte-rials um 75 Prozent vermindert.

Der Einfluß des Fremdenverkehrs auf das Müllaufkommen ist mit einem Anteil von ein bis zwei Prozent nicht sehr groß. Viel gravierender schlagen sich Konsumgewohnheiten und die Industriestrukturen auf den Abfallberg nieder. Während in europäischen Städten zwischen 200 und 500 Kilogramm pro Einwohner im Jahr „Systemmüll“ - das sind jene Überbleibsel, die von der Müllabfuhr mehrmals wöchentlich abgeholt werden -anfallen, produzieren die Amerika-

ner bis zu 1.000 Kilogramm.

In Wien wurden im Jahr 1988 knapp 500.000 Tonnen, oder 300 Kilogramm pro Einwohner von der Gemeinde entsorgt. Leider ist es damit nicht getan. Industriemüll, Bauschutt und ähnliches lassen die Menge auf über 1.500 Kilogramm ansteigen. Alarmierende Zahlen!

Stadtrat Wolfgang Nigg aus Zürich berichtete, daß eine professionell angelegte Informationskampagne dazu geführt hat, daß sich zwei Drittel für einen vierten, umstrittenen Müllverbrennungsofen ausgesprochen haben.

In München hingegen wird eine neue, mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Verbrennungsanlage enorme Kosten verursachen. „Klar, daß Proteste nicht ausbleiben“, klagt Stadtrat Georg Walsch.

In Stockholm wie auch in Kopenhagen beschäftigen sieh spezielle Firmen mit der Müll Verwertung. Sie gehören der Stadt und sind nicht verpflichtet, Gewinne zu machen.

In Kopenhagen werden von den gewerblichen Betrieben 75 Schilling Abfallsteuer pro Tonne eingehoben; eine vierfache Erhöhung steht ins Haus. Das eingenommene Geld bekommt nicht der Fiskus, sondern fließt in die Forschung.

Berlins Müllexporte in die Deutsche Demokratische Republik (zur Zeit eine Million Tonnen jährlich) sollen kurzfristig auf die Hälfte reduziert werden. Erreichen will die Stadt dies durch intensivere Altstoffsammlung und durch Müllverbrennung.

Die Teilnehmer des Kongresses

boten eine Fülle von Anregungen, die sicherlich auch in den Konzepten der einzelnen Länder ihren Niederschlag finden werden. Die Mitarbeit und Akzeptanz der verschiedenen Maßnahmen durch die Bürgerbedarf aber noch großer Aufklärungsarbeit. Hoffentlich bleibt noch genug Zeit!

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