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Müll muß mehr kosten

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Was auf regionaler Ebene zur Müllvermeidung getan werden kann

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Was auf regionaler Ebene zur Müllvermeidung getan werden kann

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FURCHE: Was läßt sich auf regionaler Ebene in Sachen Müllvermeidung machen?

KARL KALTEIS: Derzeit gibt es ein erstes Arbeitskonzept. Uns geht es nicht um plakative Ankündigungen, sondern um Maßnahmen, die greifen. Eines muß klar sein: Müllvermeidung muß etwas kosten. Wir wollen in drei Richtungen vorgehen. Als erstes sind wir bestrebt, eine Gebührenpolitik zu betreiben, die zur Müllvermeidung Anreize gibt. Viel Mist abzuliefern, muß teurer werden. Wer wenig Mist macht, soll wenig zahlen. Auch hat folgendes zu gelten: Was auf die Deponie wandert, muß teurer bezahlt werden, als der übrige Müll. Die Deponierungspreise müssen teurer werden. Das ist ein Eckpfeiler meines Konzeptes.

FURCHE: Was bedeutet das?

KALTEIS: Die Verwertung von Altstoffen soll eher subventioniert werden, als das Auffüllen von Deponien. Derzeit macht man noch diesen Denkfehler. Denn bei den heute üblichen Tarifen, wird de

facto das Deponieren subventioniert. Das ist kontraproduktiv.

FURCHE: Wird also der Restmüll teurer als der Biomüll sein?

KALTEIS: Das ist richtig. Die Restmülltonne kostet im Bezirk Melk rund 1.200, die Biotonne 260 Schilling im Jahr, Papier und Glas kostet „nichts". Genaugenommen wird der Aufwand aus den Erträgen des Restmülls gedeckt.

FURCHE: Sind diese Gebühren kostendeckend?

KALTEIS: Die Umstellung und die Behälteranschaffung werden durch das Land gefördert. Aber was den laufenden Betrieb anbelangt, muß man sich zur Kostenwahrheit bekennen.

FURCHE: Gibt es die Möglichkeit, die tatsächliche Müllmenge zu erfassen, nicht nur pro Tonne zu zahlen?

KALTEIS: Wir haben es noch nicht eingeführt, wären aber darauf vorbereitet. Unsere Tonnen sind mit einem Code versehen, wie man ihn auf den Produkten im Kaufhaus findet. Der Code enthält die Mülltonnennummer. Es wäre nun relativ einfach, bei der Entleerung mit einem eigenen Gerät die Daten der Tonne zu erfassen und so die Zahl der Entleerung zu registrieren. Wir haben diesen Code aber vor allem wegen der Sammelreinheit eingeführt.

FURCHE: Was bedeutet das?

KALTEIS: Weil wir möglichst „reinen" Müll brauchen, ist es uns nicht einerlei, ob ein Haushalt sortenrein sammelt oder nicht. Daher wollen wir an den Tonnen den Besitzer ablesen können. Und das wird jetzt schon registriert.

FURCHE: Welche weiteren Maßnahmen der Vermeidung sind geplant?

KALTEIS: Wir haben dieAbsicht ein Vermeidungskonzept zu erarbeiten. Bis wir es jedoch erarbeitet haben, wollen wir mit einigen konkreten Maßnahmen beginnen. Wir wollen Informationsabende für rund 300 Haushalte zum Thema Müllvermeidung abhalten: etwa zum Thema „Abfallbewußtes Einkaufen" . Dazu wollen wir auch den örtlichen Handel gewinnen und mit ihm gemeinsam konkrete Lösungen suchen - auch ohne gesetzgeberische Maßnahmen.

Mindestens ebenso wichtig wie die Haushalte sind für uns Gewerbe und Industrie: Der Betrieb im Bezirk Melk zahlt heuer, wenn er ebenso viel Restmüll anliefert wie im Vorjahr, das Vierfache an Müllgebühr. Das hat schon in den ersten Monaten Vermeidungseffekt gebracht. So werden vermehrt sortenreine Plastikfolien zur Wiederverwertung zurückgestellt.

FURCHE: Birgt eine solche Steit gerung nicht die Gefahr, daß wild entsorgt wird?

KALTEIS: Das befürchten wir schon. Daher versuchen wir, es behutsam anzugehen. Aber wir müssen davon wegkommen, daß den Großmengenlieferanten eher ein Rabatt gewährt wird. Aber wir wollen nicht nur über Tarife wirken, sondern auch beratend tätig werden. Wir wollen einen Mann für diese Beratungstätigkeit abstellen.

FURCHE: Gibt es überhaupt eine Vorstellung über Zusammensetzung und Menge des Gewerbe- und Industriemülls?

KALTEIS: Nur für den Bezirk Melk. Aufgrund der Informationen schätzen wir die Relation zum Hausmüll auf eins zu eins.

FURCHE: Und welche werden nun die Schwerpunkte des Vermeidungskonzepts sein?

KALTEIS: Sinnvoll erscheint eine Sortierung des Sperrmülls vor seiner Deponierung. Auch bei der Tex-tilsammlung zeichnet sich eine Verbesserung ab. Bei der letzten Sammlung haben viele Interessenten vor der Abholung die Container ausgeräumt. Das ist an sich eine gute Sache, wäre nicht viel verstreut umhergelegen. Vielleicht ließen sich da vorgelagerten Flohmärkte statt der unkoordinierten Vorauswahl einrichten. Nur was nach dem Flohmarkt übrigbleibt, wird dann von uns weggeschafft. Das wären zwei Ansätze. Aber es wird uns sicher noch einiges einfallen.

Karl Kalteis ist Geschäftsführer des Regionalen Abfallwirtschaftsbeibund Mostviertel.

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