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Nachdenken über Europa

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Seit 20 Jahren sorgt der Schriftstellerverband in Kärnten unter der Leitung von Walter Nowotny für literarische Ost-West-Begegnungen, die im Bergdorf Fresach stattfinden. Vordem Ende der Kommunisten in Osteuropa bildete diese Veranstaltung für viele Autoren aus den Ostblock-Ländern nahezu die einzige Möglichkeit, die Sperren des Kalten Krieges zu durchbrechen. Jetzt, nach der politischen Wende sucht die Fresacher Tagung eine neue Identität. Eine neue gesamteuropäische Perspektive tut not.

Die Jubiläumstagung stand heuer deshalb im Zeichen einer nüchternen Bewertung der gegebenen Situation. Die Komplexität des schwierigen Übergangsprozesses mit moralischer, kultureller, wirtschaftlicher, sozialer und politischer Erneuerung Europas verknüpften die Referenten Klaus Col-berg (Deutschland), György Timar (Ungarn), Nora Juga (Rumänien), Ernest Dyczek (Polen) und Benno

Budar (ein Sorbe aus Deutschland) mit der Rückschau auf die letzten 20 Jahre. Der Sorbe Jurij Koch sprach über die Zerstörung seiner Heimat, Heinz Stalder (Schweiz) ironisierte die Gebärden seines Landes in der zweideutigen Beziehung zu Europa.

Der Österreicher Franz Stimpfl berichtete überdie Dialektliteratur und betonte die Bedeutung der Zweisprachigkeit für die Entwicklung regionaler Dichtkunst. Das Referat des Grazer Vorstands des Instituts für Informationsverarbeitung und computergestützte Medien, Hermann Maurer, schlug unfestlich aus dem Rahmen, weil er die gesamte Buchkultur in Frage stellte. Wenn seine Thesen stimmen, wird von den jetzigen literarischen Betrachtungsweisen in Europa durch Computer-Hypertexte nach dem Jahr 2000 wenig übrigbleiben.

Jedenfalls zeigte die Veranstaltung, daß sie eine wichtige Möglichkeit für die kulturelle Entfaltung des literarischen Dialogs in Europa geblieben ist und trotz veränderter Verhältnisse weiterbestehen sollte.

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