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Neubeginn mit unguter Inszenierung

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Minister fallen, wie Butterbrote, gewöhnlich auf die gute Seite. Daß Herbert Salcher, Elfriede Karl, Karl Lausecker und Erwin Lanc nun davon ausgenommen sind, macht diese Regierungsumbildung so ungewöhnlich.

Gewöhnlich sind es Alter, Gesundheit, die zum Rücktritt führen, selten genug sind es unüberbrückbare sachliche Differenzen, zu oft ist es eine Affäre.

Keiner der drei Beweggründe trifft auf diese Regierungsumbildung zu. Das macht sie erst recht ungewöhnlich: Der schlichte Hinausschmiß ist in einem Land, in dem das Prinzip des Hinauffallens herrscht, nur langsam begreifbar.

Verständlich daher, daß Bundeskanzler Sinowatz um Zurückhaltung bemüht war, doch fehlte das Augenmaß, durch das sich notwendige Diskretion von überflüssiger Geheimniskrämerei unterscheidet. Längst war er zur Umbildung entschlossen, fabulierte er noch immer von einem Kabinett, das auf vier Jahre konzipiert sei, gab vor, fest zu Salcher zu stehen, obwohl ein Fuß bereits zum Tritt ausholte.

Wozu das unwürdige Versteck1-spiel mit taktischen Finten und albernen Heimlichkeiten, etwa die un-heimliche Großauffahrt der Dienstkarossen vor einem burgenländischen Dorfwirtshaus?

88 Prozent der jungen Österreicher meinen, daß es Politiker mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Postwendend wurde bestätigt, daß es sich dabei nicht nur um ein Vorurteil handelt.

Trotzdem sei anerkannt, daß Sinowatz aus dem verpatzten ersten Jahr gelernt hat, daß er Mut gefunden hat, über den Kreisky-Schatten zu springen und daß er entschlossen ist, ab nun Regierungsteam und -arbeit persönlich zu prägen. Soweit dies die Wiener SPÖ zuläßt.

Und die eigentliche Sensation dieser Umbildung ist deshalb Zilks Rückkehr nach Wien, was — vor Redaktionsschluß — nicht nur Kanzlerpläne durcheinandergewirbelt hat.

Hingegen kommt der Wechsel im Finanzressort nicht unerwartet. Doch ist Vranitzkys Fachkompetenz keine Entschuldigung für die Unart, mit der Salcher, der noch im Mai nicht gehen durfte, nun hinausgeekelt wird.

Auch nichts gegen eine energische Familienministerin, selbst wenn sie schließlich Unterrichtsministerin werden sollte. Doch mutet Wiens bisherige Stadtmutter Fröhlich-Sandner (nicht nur) sich einiges zu: erstaunlich für eine Frau, die jüngst aus Gesundheitsgründen von der Politik Abschied nahm.

Lacina folgt dem stillen Arbeiter Lausecker, Gratz dem lauten Denker Lanc. Um sich als Präsidentschaftskandidat zu profilieren? Das ließe auf den Stellenwert schließen, der unserer Außenpolitik beigemessen wird.

Vorderhand ändern sich Namen. Später erst wird sich zeigen, ob diese die Politik verändern.

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