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ÖKOLOGISCHE WENDE

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Anfang November 1989 wurde das Zellstoffwerk Obir geschlossen. Und nur wenige Monate später konnten Wissenschafter bereits eine deutliche Erholung des Gewässers beobachten. Die häßlichen schwarzen Eisensulfitablagerungen auf den Steinen begannen zu verschwinden, es konnten keine Bakterien mehr nachgewiesen werden, und bei den kleinsten Wasserbewohnern zeigte sich ebenfalls eine Umstellung in Richtung einer Reinwasser-Lebensgemeinschaft.

Das ist nur ein - und zwar ein überaus erfreuliches -Beispiel aus dem „Kärntner Fließ-Gewässergüteatlas”, der vom Amt der Kärntner Landesregierung herausgegeben wurde. Unter Leitung von Universitätsdozent Hans Sampl (Leiter der Abteilung Umweltschutz) haben rund drei Dutzend Wissenschafter an der Erstellung dieses umfangreichen Werkes mitgearbeitet. „Damit konnte”, so Herbert Schiller, Landesrat für Umweltschutz, „nach den Untersuchungen in den letzten Jahren 1981 bis 1983 und 1984 bis 1985 ein aktuelles Bild über den Zustand der Kärntner Fließgewässer erstellt werden.”

Beispiele wie die Vellach gibt es noch einige weitere im Lande. So wird sich - nach einer Umstellungsphase - auch die Drau nach Villach wieder biologisch erholen, nachdem auch dort die Zellstoffindustrie geschlossen wurde. Insgesamt sind - um mit dem Negativen zu beginnen - in Kärnten 3,4 Prozent (oder 45 Kilometer) der Gewässer verödet, 0,6 Prozent (acht Kilometer) vernichtet und ein Prozent (13 Kilometer) gehört der Güteklasse IV (außergewöhnlich stark verunreinigt) an.

Für den Großteil dieser Strecken liegen allerdings bereits Sanierungsprogramme vor. Noch heuer sollen zum Beispiel der Nötschbach, der durch die Abwässer der Bleiberger Bergwerksunion (BBU) zu 90 Prozent verödet ist, und verschiedene Strecken in der Glan mit Güteklasse IV biologisch „wiederbelebt” werden.

Abgesehen von diesen dunklen Flecken auf der Gewässergütekarte kann Kärnten aber eine recht ordentliche Bilanz bei seinen Flüssen aufweisen: Gehören doch von den insgesamt 1.300 Kilometern Fließstrecken rurid 600 Kilometer (49 Prozent) zur Güteklasse I (kaum verunreinigt).

Weitere 370 Kilometer sind der Güteklasse I bis II, 125 Kilometer der Klasse II zuzuordnen. „Damit”, so Sampl, „werden in diesem Bundesland 87 Prozent der Bäche und Flüsse den Anforderungen an eine wünschenswerte Gewässergüte gerecht. Nur etwa fünf Prozent der untersuchten Strek-ken sind stark gefährdet, biologisch verödet oder vernichtet.”

Schlamm aus Stauraum

Die „ökologische Wende” im Gewässersystem Kärntens im Vergleich zu den bisherigen Bestandsaufnahmen ist in erster Linie auf die Stillegung von Zellstoffabriken beziehungsweise die Inbetriebnahme von entsprechend dimensionierten Kläranlagen zurückzuführen. Parallel dazu hat sich natürlich auch die Sanierung der kommunalen Abwässer deutlich ausgewirkt.

Für den Fließ-Gewässergüteatlas haben die Wissenschafter im Zeitraum zwischen 1986 und 1989 insgesamt 474 Probestellen biologisch, chemisch-physikalisch sowie bakteriologisch untersucht. Erstmals liegen mit diesem Werk auch Werte über Schwermetallgehalte im Wasserkörper der Fließgewässer beziehungsweise in ihren Sedimenten vor. Die von Universitätsdozent Harald W. Müller und Professor Bernd Schwaighofer (Universität für Bodenkultur, Wien) durchgeführten Untersuchungen sind vor allem deshalb von großer Bedeutung, weil schwermetallhältige Sedimente nicht nur Änderungen im Wasserchemismus bewirken können, sondern unter bestimmten Umständen sogar in der Lage sind, zu einer Gefahr für den Menschen zu werden. Etwa dann, wenn derartige Schlämme aus Stauräumen ausgebaggert und auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht werden.

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