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Orden, Orden

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Die Aßzahl der Orden und Auszeichnungen, die heutzutage vergeben werden, wird immer zahlreicher. In Österreich zum Beispiel verleiht schon jedes Bundesland eigene Orden. Vielfach bilden Orden einen festen Bestandteil der Realeinkommen von Beamten: wenn ein Beamter in Pension geht, erhält er fast automatisch den seinem Rang entsprechenden Orden. Diese Sucht nach Orden in unserer Zeit ist anderseits verständlich. Die heutige Zeit ist in vieler Weise grau bis in die Kleidung hinein. Begreiflich, daß der Mensch durch das Anlegen von Orden die

Sehnsucht hat, das Grau oder gar Schwarz durch schöne Ordenssterne und Bänder aufzuheitern. Nicht minder hat er natürlich die Sehnsucht, durch das Zurschaustellen von Orden alle Welt darauf hinzuweisen, daß er trotz aller demokratischen Gleichheit doch ein besonderer Mensch sei. Das Interesse, einen Orden zu erhalten, erweckte natürlich auch das Interesse nach der Geschichte der Orden. Und innerhalb kürzester Zeit erschienen hier drei Bände, die in wirklich informativer Weise jenen, der sich für die Orden interessiert, ausgiebig unterrichtet. Seltsamerweise stammen die wichtigsten Autoren aus dem böhmischen Raum. Einer dieser Autoren ist Vaclav Meficka, der ein großes Werk über die Orden der Welt und kurz darauf ein großes, prachtvoll ausgestattetes Werk über die Orden und Auszeichnungen der alten österreichisch-ungarischen Monarchie herausgab. Das letztere Werk basiert insbesondere auf den Sammlungen des Schlosses Worlik, das einstmals der böhmischen Linie der Fürsten Schwarzenberg gehört hatte, und auf den Sammlungen eines venetianischen Psychiaters.

Das Werk von Mefiöka über die Orden und Ehrenzeichen der alten Monarchie wird aber durch ein soeben erschienenes Werk überboten, das sich ebenfalls mit den Orden und Auszeichnungen aus dem Raum der Monarchie befaßt und zum Autor Roman Freiherrn von Prochazka hat. Eingeweihten wird der Verfasser als ein hervorragender Kenner dieser Materie, aber auch der genealogischen Wissenschaft bekannt sein. Vielen werden auch die Forschungen seines Vaters zur böhmischen Musikgeschichte und Geschichte Böhmens überhaupt bekannt sein, gehören doch beide einem sehr alten böhmischen Adelsgeschlecht an. Einer der Vorfahren unseres Autors war sogar Burggraf in Prag.

Das Werk von Prochazka ist viel ausgedehnter als jenes von Meficka, denn er behandelt nicht nur die Orden der Monarchie, sondern auch die Orden und Auszeichnungen der Ersten und Zweiten Republik. Er schließt ferner alle Orden und Medaillen ein, die von irgendeiner Körperschaft an ihre Mitglieder verliehen wurden. Unter „Orden“ verstand man ursprünglich Abzeichen einer Gemeinschaft, die zu einem bestimmten Zweck ins Leben gerufen worden war. Nur deren Mitglieder hatten das Recht, ein bestimmtes Abzeichen und eine bestimmte Kleidung zu tragen.

In einem solchen Orden aufgenommen zu werden bedeutete meist eine hohe Ehre. Der Eintritt war auch in der Regel nur Adeligen möglich. Mit der Wandlung dieser Ordensidee zum Prinzip der Verdienstorden kamen die Gewänder vielfach zum Verschwinden und blieben nur mehr die Abzeichen übrig. Die Zugehörigkeit zum Adel wurde ursprünglich noch beibehalten, aber wer denselben nicht besaß, wurde durch Verleihung eines solchen Ordens zum Adeligen „geschlagen“. Schließlich fiel auch die Nobilitierung weg und es blieb nur mehr die Verleihung der betreffenden Auszeichnung aus Anlaß eines besonderen Verdienstes.

Prochazka nimmt nun in sein Werk die Orden und Ehrenzeichen im weitesten Sinn auf. Und nicht nur jene der Habsburger-Monarchie, sondern auch einzelner ihrer Länder, wie Böhmen und Ungarn.

Er verzeichnet Abzeichen der verschiedenen Adelsstifte, ebenso Erinnerungsmedaillen, Verdienstkreuze, Medaillen, die Akademien oder Bistümer, Vereine verliehen haben, kurz, sein Werk stellt vielleicht das bisher vollkommenste Verzeichnis aller auf dem Gebiet der Monarchie jeweils aus irgendwelchem Grunde oder von irgendwelcher Institution verliehenen Abzeichen oder Orden dar. Der Autor hat — sicherlich auf Grund jahrzehntelanger Studien — ein Nachschlagewerk geschaffen, das von nun an unentbehrlich für jeden ist, der auf diesem Gebiete Forschungen anstellen will oder sich nur unterrichten möchte. Viele Abbildungen ergänzen die glänzende Darstellung des Autors.

ÖSTERREICHISCHES ORDENSHANDBUCH. Von Roman Freiherr von Prochazka. Verlag Graf Rienau, München, 160 Seiten Text, zahlreiche Abbildungen, 600 Abbildungen, DM 75,—.

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