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Eine Frage der Werte!

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In meiner Kindheit gehörte der Sparefroh neben dem Buch-klub-Maxi und dem Verkehrspolizei-Pädagogen zu den theologischen Leitfiguren des Schulsystems. Alte Leute verwahrten angeblich noch veraltete Banknoten in Sparstrümpfen, und bis in die achtziger Jahre hinein stiegen die Sparbucheinlagen der Österreicherinnen wohl an die Billionen-Grenze.

Der Kapitalismus hat uns gelehrt, daß Sparen eigentlich eine Untugend ist: Geld muß investiert werden, muß in die Wirtschaft fließen, die Wirtschaft ankurbeln. Geld muß arbeiten. Wer arbeitet eigentlich in unserer Gesellschaft? Wo wirklich das Geld arbeitet, wird letztlich der Mensch eingespart. Jene Menschen, die Geld arbeiten lassen, wirken zwar immer gestreßt, arbeiten jedoch bei näherem Hinsehen nicht wirklich. Ein Märchen? Zumindest in einem Punkt erweist es sich als Realität: in einer konstant hohen Arbeitslosenrate trotz vorhandenen Wirtschaftswachstums.

Sparpakete gehen auch deshalb nicht in die Köpfe der Menschen, weil uns der geistige Sinn des Sparens nicht klar ist. Ist es wirklich sinnvoll, Rildung und Kultur einzusparen, gleichzeitig aber Autobahnen mit neuen Schulden fertigzubauen? Wenn das Sparen nicht mit der Idee des Umverteilens verbunden wird, wenn nicht ernsthaft nach Gerechtigkeit gesucht wird, dann wird Sparen zu einer verdächtigen Ideologie. Viele Menschen sehen ein, daß im Staat gespart werden muß. Wenn Sparsamkeit auf die Erschließung von Rohstoffen, Natur und Landschaft angewendet wird, wäre sie sogar als politische Leitidee populär.

Der Kampf um das Sparpaket ist auch ein Kampf um die Handlungsfähigkeit der Politik und der Politikerinnen insgesamt. Eine wesentliche Bringschuld der Politik wird nicht ausreichend erfüllt: die klare Vorgabe von Richtung und Orientierung. „Steuern” kommt davon, daß „gesteuert” werden muß: Sollen wir eher den 13. und 14. Gehalt der 50.000-Schilling-Verdiener mit zwei oder drei Prozent mehr belasten, sollen wir eher die Umweltzerstörung besteuern oder muß Kultur und Familienbeihilfe herhalten? Das ist eine Frage der Werte!

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