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Rede und Zwischenruf

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Wieder sind es Dr. Otto Habs-burgs politische Rundfunk- und Zeitungskommentare der jüngstvergangenen Zeit, Vorträge und Ansprachen, die hier zu einem neuen Band zusammengefaßt wurden. Wieder wölbt sich ein großer Bogen der Zusammenschau, aus der Vergangenheit in die Zukunft, von „Karl der Große, oder: Vereintes Europa vor tausend Jahren“ bis zur „Großen Stunde des Leo Tindemans'V Wieder stehen Christentum, Europa, Freiheit und Toleranz im Zentrum, spricht Dr. Habsburg mit der für ihn typischen Distanz zur eigenen Herkunft („Der reichische Gedanke“) über die Habsburg-Lothringer, die einst nicht das Reich in Besitz nahmen, sondern, anders als andere Dynastien, von der reichischen Idee ihrerseits in Besitz genommen wurden. Daß die Dynastie unterlag, der übernationale Gedanke aber heute, lange nach ihrer Entmachtung, zu triumphieren beginnt, ist das Bi-lanz-Aktivum, das Dr. Habsburg in ein künftiges Europa einzubringen hofft.

Auch die Passivseite erhält den ihr zustehenden Raum. Die weltweite Ausbreitung des sowjetischen Imperiums, die Erfüllung, ja Überschreitung der Vermächtnisse Iwans des Schrecklichen, Peters des Großen und Stalins („Ist Stalin wirklich gestorben?“) veranlaßt Dr. Habsburg, Alarmsignale auszulösen. Von der „Macht der Medien“ ist da die Rede, von der „Entscheidung im südlichen'Afrika“, dies alles am Ende „Mit den besten Wünschen für die US-Außenpolitik“.

Neu sind die „Zwischenrufe“, die den ganzen mittleren Teil von „Idee Europa“ füllen Hier wird nicht mehr, wie es die Vorfahren sechs Jahrhunderte lang versuchten, allen Teilen Verständnis entgegengebracht, um Gegensätze zu überbrücken und um das unvereinbar Scheinende am Ende doch zu vereinen. Hier ist dem österreichischen Staatsbürger Habsburg im Laufe der täglichen Werkstattarbeit einmal die Geduld gerissen, die Geduld mit dem „Esel auf freier Wildbahn“. Habsburg widerspricht, kühl oder ironisch, mitunter auch heftig. Diese Seite kannten bisher nur wenige. Nun gelangt, was früher in seiner Schreibtischlade verborgen blieb, an die Öffentlichkeit, da die Zeit drängt.

IDEE EUROPA. ANGEBOT DER FREIHEIT. Von Otto Habsburg, Herold, Wien, 183 Seiten, öS 175.60.

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