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Wiedersehen mit F. Th. Csokor

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Vor zehn Jahren ist Franz Theodor Csokor gestorben. Halten wir inne; blicken wir zurück; die Erinnerung bekommt ein Stück der Zeit zu fassen. Wie viel hat sich in diesem Jahrzehnt verändert! Doderer, Gütersloh, Lernet, Nabl, alle sind sie dahin. Und auch ein Typus ist, vor unseren Augen, verschwunden. So sind sie: die Sprünge, die unmerkbaren und grundlegenden Wandlungen der Kulturgeschichte.

Für Csokor war der Kampf um eine ehrenhafte Gesellschaft inneres Bedürfnis und Quelle der Inspiration. Vom reinen, rechtschaffenen Pathos einer ewigen Jugendlichkeit waren seine Theaterstücke, Aufsätze und Reden durchdrungen. Er war, die Mächtigen verachtend und zu nützlichen Anordnungen bewegend, ein freier Mann, mittellos aus Überzeugung, von der stolzen Demut eines zum Spielen bereiten Bohemiens erfüllt.

Er wollte der Menschheit dienen und nicht der Ästhetik; er liebte seinen Freund ödön von Horväth, verehrte Thomas Mann, schätzte Julus Hay; etwas Spöttisch, wenngleich wohlwollend, betrachtete er dagegen die Poeten einer reinen Schönheit. Sein Humanismus war konkret, war tatig, ja opferbereit: er half jedem, der Hilfe brauchte, auch in kleineren Angelegenheiten des Alltags.

Seine wichtigsten Theaterstücke werden gegenwärtig allzu selten gespielt. Sie überdauern die Kälte. Auch seine vom Schwung des Expressionismus erfüllten Gedichte überleben die grausame Nüchternheit eines sprachlichen Funktionalismus. Und vor allem: sein menschliches Beispiel wirkt weiter. Es wird allerdings schwer sein, Csokor vor den hochmütigen Mißdeutungen einer gefühlsarmen Germanistik zu beschützen. Eine Csokor-Bio-graphie, eine sorgfältig edierte Gesamtausgabe müßte die richtige Interpretation rechtzeitig sichern.

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