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Zehntes Bundesland

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Als die berü’hmte Nobelpreisträgerin Dr. Lettner, die seit 1917 in Stockholm lebte, nach dem Zweiten Weltkrieg nach Wien kam,’ um sich beim Magistrat eine Bestätigung Ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft zu holen, sagte der ahniutgslose Beamte: „Das haben wir gerne. Da leben die Leute Jahrzehnte im Ausland und erst, wenn sie in die Versorgung kommen, kümmern sie sich wieder um ihre Heimat.“ Aber Frau Dr. Leitner war nicht der einzige berühmte österreichische Gelehrte, der fern der Heimat lebte, fast alle österreichischen Nobelpreisträger lebten außerhalb der österreichischen Grenzen. Der Export österreichischer Intelligenz, österreichischer Handwerker ins Ausland ist seit Jahren einer der bedeutendsten und vielleicht auch traurigsten Ex porte, die Österreich aufzuwei- sen hat. Rund 300.000 Paß-Österreicher kennt das österreichische Auswärtige Amt, die nicht ständig in ihrer Heimat . wohnen. Weitere

600.0 kommen dazu, die aus irgendwelchen Gründen ihre österreichische Staatsbürgerschaft auf geben mußten. Rund eine Million Menschen, das ist so viel wie die Einwohnerzahl von Steiermark. Der Verein der Auslandsösterreicher versucht, einen ständigen Kontakt dieses zehnten Bundeslandes mit den übrigen neun aufrechtzuerhalten. Jedes Jahr findet in Österreich eine Tagung statt. Heuer in Salzburg, am 6. September. Im militärischen Bereich gibt es den Begriff der fünften Kolonne. Durch diese Auslandsösterreicher besitzt Österreich eine andere fünfte Kolonne, die nicht Spionage betreibt, sondern ihrer Art nach dazu angetan ist, eine wertvolle Brücke zwischen Gastland und Heimat darzustellen und dem Namen Österreichs Anerkennung zu verschaffen. Um so verdienstvoller alle Bemühungen, dieses zehnte Bundesland zu betreuen.

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