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Stolz auf Österreichs Emigranten

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Wissen Sie eigentlich, daß wir neben den diplomatischen Vertretungen im Ausland zusätzlich noch eine Million österreichische „Botschafter“ in aller Welt besitzen? Ein Blick auf die obige Graphik zeigt Ihnen jene Länder, in denen Paß- oder Herzensösterreicher mehr oder weniger bewußt Zeugnis für ihre alte Heimat ablegen.

Was sind Paß-, was Herzensösterreicher? Nun, jeder österreichische Staatsbürger, der im Ausland lebt, ist Auslands-, somit Paßösterreicher. Wer seine Staatsbürgerschaft zurückgelegt hat oder zurücklegen mußte, um keine wirtschaftlichen Nachteile zu erfahren, gilt als Herzensösterreicher; wobei klar ist, daß diese relativ große Gruppe kaum mehr voll von den Behörden in der alten Heimat erfaßt werden kann. Deshalb plädieren Ausländerverbände (siehe Seite 10) auch für ein Gesetz, das die Unverlierbarkeit der Staatsbürgerschaft vorsieht.

Für Grete Steinbock, Autorin ei-

nes 1992 bei Amalthea erschienenen umfassenden Werkes über Auslandsösterreicher (Weltweit Freunde - Die Österreicher im Ausland), gehört ein Mensch, der sich den Gefahren im Ausland stellt, der sich dort bewährt, „zu den wertvollsten Interessenvertretern seiner Heimat. Es kann den Inlandsösterreichern gar nicht deutlich genug vor Augen geführt werden, wieviel sie dem direkten und indirekten Wirken ihrer Landsleute draußen verdanken.“

Bleibt ergänzend festzustellen, daß das Wissen um Hunderttausende Österreicher im Ausland auch eine erzieherische Funktion für unseren Umgang mit Ausländern, die nach Österreich kommen, haben sollte. Der abfällig geäußerte Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ trifft doch auch auf die meisten der von Österreich Weggegangenen zu.

Grete Steinbock faßt folgende Motive für die Emigration zusammen (sie definiert den Auslandsösterreicher als jenen, „der das Zentrum seiner Existenz bewußt und endgültig im Ausland aufbaut“): Abenteuerlust, Abschieben von unliebsamen Personen (heute selten gewordene Motive), nackter Selbsterhaltungstrieb (Vertreibungen aus religiösen und politischen Gründen, Emigration in wirtschaftlichen Notjahren - beispielsweise die Zehntausenden Burgenländer in den Jahren 1919 bis 1930), berufliche Weiterbildung, Karrieremöglichkeiten, Berufungen an Universitäten. Die Liste ließe sich sicherlich noch verfeinern.

DIE BESTEN KRÄFTE

Jedenfalls gilt für heute, so Steinbock: „Es sind die besten Kräfte eines Volks, die sich diese Bewährung freiwillig suchen.“ Wieder werden wir bei dieser Bemerkung auf die aktuelle Ausländerdiskussion hierzulande zurückgeworfen.

Niemand verläßt gerne seine Heimat, es sei denn, die Situation wird so unerträglich, daß nur mehr die Emigration bleibt; dabei ist zweitrangig aus welchen konkreten Gründen, ob politischer, sozialer, wirtschaftlicher, religiöser oder kriegerischer Natur. Österreich ist stolz auf seine Emigranten. Der Weltbund der Auslandsösterreicher mit Präsident Carl P. Wieland, das Auslandsösterreicherwerk mit Präsident Fritz Molden, die Bundesländer mit eigenen Einrichtungen vor allem für junge Auslandsösterreicher (Paß- und Herzensösterreicher) sind äußerst aktiv, um die Weggegangenen, die man vor den „Daheimgebliebenen“ beileibe nicht mehr als die „Davong’rennten“ darstellt, für Österreich und seine Interessen „fruchtbar“ zu machen (Seite 11).

Ciceros „Ūbi bene, ibi patria“ wird hierzulande also nicht relativistisch interpretiert In Österreich gibt’s ein G’riß ums Zehnte Bundesland, um die Kolonien der Burgen- länder in Chicago und anderswo, um die Auslandssalzburger, -tiroler, - Steirer und -wiener; um Persönlichkeiten, die sich im Ausland einen Namen gemacht haben.

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