Andreas Bsteh - © Foto: Steyler Missionare / Christian Tauchner

Andreas Bsteh: Ein Leben für den Dialog

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Das Ringen der Kirche um Inkulturation in die nichtchristliche Welt und insbesondere der christlich-muslimische Dialog waren seine Lebensthemen: Am 9. Juni ist Andreas Bsteh im 88. Lebensjahr verstorben.

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Das Ringen der Kirche um Inkulturation in die nichtchristliche Welt und insbesondere der christlich-muslimische Dialog waren seine Lebensthemen: Am 9. Juni ist Andreas Bsteh im 88. Lebensjahr verstorben.

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Im Freinademetzheim Maria Enzersdorf ist am Mittwoch vergangener Woche der Pionier des christlich-muslimischen Dialogs in Österreich gestorben: Pater Andreas Bsteh. Der Steyler Missionar war neben den Ethnologen der „Wiener Schule“, Wilhelm Schmidt, Martin Gusinde und Wilhelm Koppers, eine der großen Persönlichkeiten des Missionshauses St. Gabriel im Süden Wiens. Das Ringen der Kirche um Inkulturation in die nichtchristliche Welt hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

1933 als Sohn des Primararztes Otto Bsteh geboren, trat Andreas Bsteh 1954 in den von Arnold Janssen in Steyl/Niederlande gegründeten Missionsorden Societas Verbi Divini (SVD) ein, der schon damals als progressiv galt. Bsteh studierte an der SVD-Hochschule St. Gabriel und in Innsbruck und promovierte 1965 mit einer Dissertation bei Karl Rahner zur Universalität der Erlösung. In St. Gabriel unterrichtete der junge Priester Fundamentaltheologie, wenige Jahre später sollte er dort auch Hochschuldekan werden. In dieser Funktion organisierte er 1975 in St. Gabriel eine vielbeachtete religionstheologische Konferenz, bei der u.a. Walter Kasper und Karl Rahner die Eckpunkte einer universalen Inkulturation des Christentums in eine plurale Welt skizzierten. 1977 folgte – ebenfalls mit Rahner – ein großes Wagnis: die erste mitteleuropäische Tagung zum theologischen Islamdialog.

Scharia "heute nicht mehr akzeptabel"

Bsteh zog zur Vorbereitung den ägyptischen Konvertiten Georges Anawati (1905-1994) bei, der ihm hochkarätige Referenten aus der Al-Azhar-Universität vermittelte. Weitere Säule dieser und weiterer Islam-Konferenzen war der Leiter der arabischen Handschriftensammlung an der Österreichischen Nationalbibliothek, Smail Balic (1920-2002). Dessen kühne These – „Die Scharia ist ein Konstrukt der Nachwelt Mohammeds und in ihrem Gesamtumfang heute nicht mehr akzeptabel“ – sorgte bei Bstehs Tagungen für heftigste Kontroversen. Und an den Fronten von damals dürfte sich bis heute wenig geändert haben …

Mit Anawati, Balic und Fachleuten aus Nahost, Afrika und Südostasien im Vorbereitungsteam konnte Bsteh im Auftrag von Außenminister Alois Mock zwei internationale christlich-islamische Konferenzen in der Wiener Hofburg organisieren (1993, 1997). Vertreten waren sämtliche Hauptrichtungen des Islam. Einer der Redner war Ajatollah Khamenei, wobei die Einladung dieses deklarierten Israelgegners medial und vor Ort Kritik auslöste – ein Risiko, das Bsteh in Kauf nahm.

Aufgrund von Bstehs Renommée gerade im Iran war es möglich, dass Kardinal Schönborn 2001 eine Reise ins Land der Ajatollahs durchführen konnte – mit politischen Spitzentreffen und einem Festvortrag vor hunderten Studierenden an der Teheraner Imam Sadr-Universität als Höhepunkte.

Bis vor wenigen Jahren arbeitete Bsteh im Netz seiner mühsam aufgebauten Dialogschienen. Er organisierte Round-Tables und gestaltete das Religionstheologische Institut St. Gabriel zum echten Kompetenzzentrum aus. Zahlreiche international beachtete Publikationen wurden veröffentlicht.

Die großen Veränderungen im Missionshaus St. Gabriel – Übergabe eines Gebäudeteils an die Flüchtlingshilfe, Stilllegung der Ordenshochschule 2007 – trug Bsteh mit, musste aber mit dem Aus für die Hochschule viele Herzblutprojekte, die er als Dekan verantwortet hatte, beenden. Mit Bstehs Tod geht ein bedeutendes Kapitel der Geschichte von St. Gabriel zu Ende. Doch hat er viele Menschen inspirieren können, die seine Dialogbegeisterung weiterführen.

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