Hans Tuppy - © Foto: APA / Georg Hochmuth

Hans Tuppy: Wissenschaftlicher Titan und glaubender Optimist

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Ein Nachruf auf den Tausendsassa Hans Tuppy, der als Wissenschaftler und wacher Zeitgenosse in Erinnerung bleibt.

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Ein Nachruf auf den Tausendsassa Hans Tuppy, der als Wissenschaftler und wacher Zeitgenosse in Erinnerung bleibt.

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Seine wissenschaftlichen Leistungen sind unübersehbar: Dass Hans Tuppy 1949 bei Frederick Sanger in Cambridge wesentlichen Anteil an der Strukturaufklärung des Insulins hatte (dafür erhielt sein Lehrer 1958 den Nobelpreis) oder dass ihm selber in Wien 1956 die Strukturaufklärung des „Kuschelhormons“ Oxytocin gelang, sind bloß Beispiele dafür. Legionen von Medizinstudenten machten an der Uni Wien ihre Biochemie-Prüfung bei Tuppy, und durch den von ihm in den 1980er-Jahren mitbetriebenen Aufbau des Instituts für Molekulare Pathologie in Wien-Landstraße wurde Wien eine Hochburg biochemischer Forschung. Daneben war Tuppy auch Rektor der Uni Wien und wurde von Erhard Busek 1987- 89 ins Kabinett Vranitzky als Wissenschaftsminister geholt. Ein Tausendsassa, der auch den Aufbruch des Nachkriegskatholizismus in Österreich mitgestaltete.

Ein Tausendsassa

1924 in eine böhmische Familie in Wien geboren, verlor Tuppy schon als 15-Jähriger den Vater in der NS-Barbarei: Denn dieser war Staatsanwalt im Prozess gegen die Dollfuß-Attentäter 1934 gewesen, die Nazis ermordeten ihn 1939 im KZ Sachsenhausen. Tuppy entging dem Kriegsdienst aufgrund einer Verletzung und studierte ab 1942 an der Uni Wien Chemie. In dieser Zeit gehörte er – mit der späteren Zeithistorikerin Erika Weinzierl oder dem Judaisten Kurt Schubert – zum Kreis um die Studentenseelsorger Karl Strobl und Otto Mauer, die nach dem Krieg die Katholische Hochschulgemeinde als intellektuelles Zentrum aufbauten. 1945 war Tuppy Mitgründer der Österreichischen Hochschülerschaft.

Es ist kein Zufall, dass einer der ersten FURCHE-Beiträge Tuppys 1952 vom Brand des Stephansdoms 1945 handelt. Hans Tuppy gehörte zu jenen, die in Österreich den Aufbruch des II. Vatikanums vorbereiteten – und die Öffnung der katholischen Kirche aus vormoderner Engstirnigkeit, die sich auch in Skepsis bis Ablehnung gegenüber den Naturwissenschaften geäußert hatte. Allerdings resümierte der damals 90-Jährige noch im FURCHE-Interview 2014: „Das Verhältnis zur Rationalität ist in der katholischen Kirche nach wie vor ein schwieriges.“ Aber bereits 1999 bekannte Tuppy in der FURCHE: „Zu mir gehört auch ein Grundvertrauen, welches bei vielen Christen offensichtlich nicht besteht, die immer nur Unheil sehen.“ Bis zuletzt blieb Hans Tuppy ebenso forschender Wissenschafter wie wacher Zeitgenosse und Christ. Am 24. April ist er, wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag, gestorben.

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