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Keine Gemeinschaft der Kulturinteressierten

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Die Standpunkte könnten gegensätzlicher nicht sein. Staatssekretärin Brigitte Ede-rer hält Kultur und Kulturförderung „für zwei verschiedene Dinge', Alois Mock, Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, meint, „staatliche Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen”, sind „mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Das bedeutet jedoch, daß staatliche Subventionen an Opernhäuser, Theater et cetera in aller Regel vom Beihilfeverbot nicht erfaßt sind.” Frank Rawlinson, Principal Administrator der EG-Kommission/GD IV - Wettbewerbspolitik, spricht von „einer Grauzone”, wenn es um staatliche Unterstützung für Kultur-

{irojekte geht. Die Unsicherheit der nteressenvertretungen ist daher groß.

Gerhard Wimberger, Präsident der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) sagt: „Die Unsicherheit betreffend der Möglichkeit der Kulturförderung ist solange gegeben, bis diese Kulturförderung nicht eindeutig vom Beihilfeverbot ausgenommen ist.” Gerhard Ruiss von der IG Autoren spricht von einer „schlampigen Praxis”.

„Die EU ist keine Gemeinschaft der Kulturinteressierten”, sagt Gerhard Ruiss und verweist auf die Vielzahl der Förderungen der heimischen Verlagsszene. Subventioniert wird in Österreich, was sich durch Marktmechanismen allein nicht erhalten könnte. Unbestritten ist die Tatsache, daß jede Subvention, die pro Jahr den Betrag von 250.000 Schilling (in drei aufeinander folgenden Jahren 700.000 Schilling) übersteigt, in Brüssel genehmigungspflichtig ist. Tatsache ist aber auch, daß bisher niemand um eine solche Genehmigung angesucht hat. Das kann Gerhard Buiss nicht beruhigen. Auch bei der Förderung des heimischen Zeitungswesens werden Einsprüche der deutschen Konkurrenten auf dem Markt zu erwarten sein. Völlig unabsehbar sind Auswirkungen im Bereich von Festspielen und Bühnenproduktionen, wie etwa Musicals im Theater an der Wien. Dabei kann wohl niemand mehr mit einer Förderung der heimischen Kultur argumentieren.

Wenn ein österreichisches Theater subventioniert wird, um ein amerikanisches Musical zu spielen, verschafft es sich im Vergleich zu einem Theater, das ohne Subventionen auskommen muß, Wettbewerbsvorteile. Diese sind umso größer, je stärker die nachgelagerte Werknutzung durch Fernsehaufzeichnungen, Einspielungen von CDs et cetera ist.

Wimberger sieht in der Kulturförderung eines der Fundamente der österreichischen Identität, die wiederum untrennbar mit der österreichischen Kultur verbunden ist. Ruiss weiß, „daß wir nicht in einer Kulturnation leben, in der die Kulturschaffenden die Mehrheit der Österreicher hinter sich wissen”. Er sieht als kommende Aufgaben vor sich, nun in Brüssel ein zähes Lob-bying für die Künstler betreiben zu müssen. Sonderregelungen würden erforderlich sein. Der Anteil der Marktriesen etwa in der Verlagsbranche betrage in der Schweiz und in Österreich bereits 80 Prozent, eine Gleichbehandlung von ungleichen Partnern führe zu wachsender Ungleichheit.

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