Für ein Ende der Selbstbedienung

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Man muss Rating-Agenturen nicht abschaffen, um stabile Strukturen der Finanzwirtschaft zu erhalten. Wie viele der heutigen Instrumente der Kapitalmärkte wurden sie in einer Phase der US-Wirtschaftsgeschichte vor rund einhundert Jahren erfunden – und sie hatten einen sinnvollen Zweck. Gläubiger und Investoren sollten über ihre Schuldner oder Unternehmen, an denen sie beteiligt waren, brauchbare Information erhalten. Schutz vor Fehlinvestments und Betrug lagen der Überlegung zugrunde.

Die Pervertierung dieser Idee geschah erst nach 1970. Da erhielten die Agenturen das Recht, nicht nur für die Gläubiger, sondern auch für die Schuldner zu arbeiten. Fortan wurde also ein Unternehmen, das per Definition für seriöse Kontrolle stehen sollte, von den Kontrollierten bezahlt. Es war also gerade so, als würden die Häftlinge in einem Gefängnis das Wachpersonal entlohnen. So geschah es dann ja irgendwie auch: Die neuen Kunden, also die Anbieter von Pfandbriefen, Versicherungen und Investmentpapieren bezahlten für das Rating der Agentur - und sie zahlten umso mehr, je falscher das Rating war. Fazit: Die Einnahmen der Prüfer und der Anbieter verdoppelten sich in wenigen Jahren.

Das Problem: Es gab noch eine dritte Seite in diesem Geschäft: den investierenden Kunden, der den falsch eingestuften Schrott bona fide gekauft hat. Unterm Strich hat ein solches Geschäft also sehr viel mit Betrug zu tun, aber nichts mit liberaler Marktwirtschaft.

Nun ringen also Politik und Finanzwirtschaft für und wider neue Regulative des Rating-Systems. Hier ein Vorschlag zur Güte: Man lasse das System genau so arbeiten, wie Mister John Moody es 1909 erfunden hat: Als Service für die Nachfrageseite. Weiters verbiete man Geschäftsbeziehungen zwischen Anbietern und Rating-Agenturen - und man zerschlage das Oligopol der Agenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Den Rest erledigt der Markt - in einer Freiheit, die von Gesetzen geordnet ist.

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