Der "Schwarze Papst" tritt ab

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Dieser Tage geschieht Unerhörtes im größten Männerorden der katholischen Kirche: Erstmals tritt ein Generaloberer der Gesellschaft Jesu, der wegen seiner Nähe zum römischen Pontifex auch unter dem (Spott-)Namen "Schwarzer Papst" firmiert, zu Lebzeiten ab, ohne amtsbehindert zu sein. Vorausgesetzt, die seit 7. Jänner in Rom tagende Generalkongregation des Jesuitenordens stimmt dem Rücktrittsansinnen zu - wovon alle ausgehen, zumal auch Papst Benedikt XVI. sein Plazet signalisiert hat.

Somit wird Peter-Hans Kolvenbach, 79, der erste Jesuitengeneral a.D. in der 477-jährigen Ordens- geschichte sein. Am 19. Jänner wird dann der Nachfolger von den 217 Delegierten der Generalkongregation in einem konklaveähnlichen Wahlvorgang ermittelt werden.

Schon Kolvenbachs Vorgänger Pedro Arrupe wollte zurücktreten, doch Papst Johannes Paul II. verwehrte ihm dies und löste damit die größte Krise des Ordens im 20. Jahrhundert aus: Die Jesuiten galten ob ihres sozialpolitischen Engagements nicht nur dem Papst als verdächtig. Als Arrupe durch einen Schlaganfall amtsunfähig wurde, setzte Johannes Paul II. entgegen dem Ordensrecht zwei persönliche Delegaten an die Spitze des Ordens. Diese, darunter der damals 80-jährige spätere Kardinal Paolo Dezza, übernahmen die Aufgabe im - für die Jesuiten durch ihr viertes Ordensgelübde ausgeprägten - Gehorsam gegenüber dem Papst.

Anerkannter Orientalist

Sie beriefen aber gemäß dem Ordensstatut 1983 eine Generalkongregation zur Wahl von Arrupes Nachfolger ein, auf der Peter-Hans Kolvenbach überraschend zum 29. Jesuitengeneral gekürt wurde. Johannes Paul II. war gerade auf Österreich-Besuch in Mariazell, als ihm der Zettel mit dem Namen des neuen Jesuitengenerals zugesteckt wurde. Er habe mit Erleichterung auf diese Wahl reagiert, wird berichtet.

Der 1928 in den Niederlanden geborene Kolvenbach kam nach Ordenseintritt und Studien in den Niederlanden in den Libanon, wo er 1961 nach armenischem Ritus zum Priester geweiht wurde. Er spezialisierte sich auf orientalische Linguistik und lehrte dies an der St.-Joseph-Universität in Beirut. 1981 ging er nach Rom als Rektor des renommierten Päpstlichen Orientalischen Instituts, ehe der Sprachgewandte und Dialogexperte mit den Muslimen sein Wissenschafter-Dasein mit dem Amt an der Ordensspitze tauschen musste.

Kolvenbachs knapp 25-jährige Amtszeit war von der Konsolidierung des Ordens nach den Krisenjahren Anfang der Achtziger geprägt. In stiller Beharrlichkeit führte er die Jesuiten in ruhigere Fahrwasser. Unter seiner Ägide fand auch eine Reorganisation des Ordens in Europa und Nordamerika statt, wo die Jesuiten - wie andere Orden - von Nachwuchsmangel betroffen sind.

Vor fünf Jahren gab Kolvenbach der Furche eines seiner seltenen Interviews, wo er auch Stellung zum "Arierparagrafen" des Ordens nahm (bis 1946 konnten keine Männer jüdischer Abstammung in den Orden eintreten) und das Verhältnis zum "Konkurrenten" Opus Dei so beschrieb: "Schließlich wird die Haltung des Jesuiten letztlich von den ignatianischen Grundzügen bestimmt, etwa der Einstellung, alles Gute zu loben, das in der Kirche wächst …" ofri

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