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„Sie mögen bleiben, wie sie sind“

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Bis jetzt ist für die Öffentlichkeit nur die Spitze eines Eisberges zu erkennen: Die 32. Generalkongregation hat drei Monate in Rom getagt, jedoch können die von den über 200 Delegierten dieses obersten Entscheidungsgremiums des Ordens erarbeiteten zahlreichen • Dokumente nicht veröffentlicht werden. Sie liegen zur Begutachtung beim Papst. Trotzdem lassen sich aus dien erreichbaren Informationen schon jetzt Schlüsse ziehen.

Mit Sicherheit ist die Autorität des Generaloberen der Gesellschaft, Pater Pedro Arrupe, aus den Verhandlungen und Diskussionen der Generalkongregation eher gestärkt als geschwächt hervorgegangen. Der langanhaltende Applaus am Ende der Diskussion über die Bemerkungen Arrupes zum „Status der Gesellschaft“ wurde als eindeutiger Vertrauensbeweis für seine Person gewertet. Man sprach von einer „Bestätigung im Amt durch Akklamation“. Dabei hätten auch andere Reaktionen erwartet werden dürfen. Die „Bemerkungen zum Statut der Gesellschaft“ hatten mit kritischen und scharfen Bemerkungen zum Verhalten einiger Mitglieder des Ordens nicht gespart. Am Schluß hatte es geheißen: „Wir dürfen nicht noch einmal zulassen, was in den vergangenen Jahren passierte, nämlich, daß einige die 31. Generalkongregation als eine Art Abweichung vom ignatianischen Geist betrachteten und das auch offensichtlich verkündeten.“

Mit seinien im Verlauf der Gene-ralikongregation oft unternommenen Hinweisen auf die Ideale des Ordensigründiers traf Arrupe genau auf ein Grundianliegen Papst Pauls VI., der die Jesuiten zur Treue gegenüber ihrer Tradition ermahnt hatte. Im Februar hatte er den Delegierten der Generalkongregation über Arrupe klar zu verstehen gegeben, daß er vor der Veröffentlichung der erarbeiteten Papiere diese zur Einsicht erbitte. Der Grund hierfür erscheint nicht so überraschend, wenn man sich die schon seit vielen Jahren in dem Orden heftig diskutierte Frage der Abschaffung der Gradunterschiede innerhalb der Ge-&#9632;SiiM^<*#esi ft gögiWtwa^t^ hält;eine Frage nämlich, die der Vatikan anders beurteilt als die meisten Jesuiten. Der größte Teil der Delegierten war Anfang Dezember mit dem festen Willen nach Rom gekommen, das bisher nur von einzelnen Mitgliedern des Ordens abgelegte vierte Gelübde, das nur die Jesuiten kennen und das den unibedingten Papstgehorsam erfordert, auf den gesamten Orden auszudehnen. Mit anderen Worten, die Mehrheit der

Genera lkongregations-Teilnehmer war der Meinung, daß es eine Einheit in der Berufung aller Jesuiten gebe. Dies sollte durch die gleichen Gelübde für alle ausgedrückt werden. Weil das aber einer Änderung des Grundgesetzes des Jesuitenordens gleichgekommen wäre, war hierzu die Genehmigung des Vatikans erforderlich. Dessen Haltung war jedoch schon seit Beginn der ersten Sitzung der Generalkongregation Anfang Dezember eindeutig: Keine Veränderung an den wesentlichen Oharakteristika des Ordens. Mitte Februar erhielten die Delegierten dann auch die klare Weisung des Papstes, -daß das vierte Gelübde des Papstgehorsams auch in Zukunft nicht denen zugänglich gemacht werden kann, dlie nicht Priester sind und nicht die notwendigen „intellektuellen und geistlichen Voraussetzungen“ erfüllen.

Daß der Papst bei anderen Orden der Kirche kein Einwendungen gegen die rechtlich Gleichstellung von Priestern und Laienmitgliedern hatte, ist bekannt. Wo eine solche Ungleichheit vorlag wurde sie im Zuge der nachkoniziliaren Ordensreform in den meisten Fällen beseitigt. Der Grund für den Widerstand des Papstes in dieser Frage gerade beim Jesuitenorden scheint eben in der geforderten „Treue zur eigenen Tradition“ zu liegen, in der „Rückbesinnung auf die von dem Ordensgründer Ignatius von Loyola festgelegten Prinzipien“, für die sich Paul VI. „verantwotlich“ fühlt. Deshalb hat er auch um Begutachtung aller Dokumente vor ihrer Veröffentlichung gebeten. Das Entscheidende ist, daß der Jesuitenorden eben nicht wie die Mehrzahl der älteren Orden ursprünglich als Laien-, sondern als Priesterorden gegründet wurde. Während die Mehrheit der Jesuiten der Ansicht war, daß die Ausdehnung des vierten Gelübdes auf alle Mitglieder, auch auf die Laienmitglieder, ihrem Bild als Priesterorden keinen Abbruch tue, hatte der Papst hier eine andere Meinung, daß nämlich durch eine Aufhebung der Gradunterschiede der heute verbreiteten Geringschätzung des Priester-tums Vorschub geleistet werden könnte. Mit anderen Worten, der Elite-Orden soll nach dem Willen des Papstes auch künftig Eliteorden bleiben.

Das berühmte Wort, das der Papst 1773 bei der Auflösung sprach: „Sie mögen bleiben, wie sie sind, oder sie mögen nicht sein“, hat sich wieder bewahrheitet.

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