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Gemeinsamer Weg trotz Gegensätzen

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Die dritte Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe im mexikanischen Puebla ist abgeschlossen. Bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe arbeiteten die Teilnehmer noch daran, die zahlreichen Änderungswünsche in das Schlußdokument einzubauen. Dieses soll erst veröffentlicht werden, wenn es dem Vatikan vorgelegt worden und von diesem approbiert worden ist.

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Die dritte Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe im mexikanischen Puebla ist abgeschlossen. Bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe arbeiteten die Teilnehmer noch daran, die zahlreichen Änderungswünsche in das Schlußdokument einzubauen. Dieses soll erst veröffentlicht werden, wenn es dem Vatikan vorgelegt worden und von diesem approbiert worden ist.

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Dieses Schlußdokument wird ein eigenständiges Papier sein, unabhängig von dem Arbeitsbuch, das der Konferenz am Beginn als Grundlage der Beratungen vorgelegt worden war, berichtet Kathpreß-Korrespon-dent Gerhard Reifert aus Puebla. Die Tendenz des Dokumentes wird ausgleichend sein, ein Versuch, einen Brückenschlag zwischen den verschiedenen, auf der Konferenz vertretenen Strömungen zu bewirken.

Fünf Themenkreise mit 21 Haupt-und 88 Unterthemen standen zur Beratung - schon das war ein Umstand, der die Feststellung einer einheitlichen Linie im Ablauf der Konferenz erschwerte. Bei aller Schärfe der Stellungnahmen, die während der Beratung der einzelnen Themen abgegeben wurden, war doch stets die Bereitschaft zum Kompromiß zu erkennen. Selbst so gegensätzliche Bischöfe wie Lopez Trujillo und Helder , Camara haben im Verlauf der Tagung ihre Standpunkte einander angenähert. Die Konferenz suchte aufrichtig nach einer einheitlichen Linie für die Seelsorge in Lateinamerika.

Selbst die „Theologie der Befreiung“ trug keine unüberwindlichen Gegensätze in die Konferenz, berichtet Reifert weiter. Vertreter dieser Richtung hielten zwar jeweils abends ihre eigenen Pressekonferenzen ab, die als Gegengewicht zu den offiziellen Aussagen gedacht waren, doch hielten sie gleichzeitig deutliche Querverbindungen zur Tagung.

In einer der Kommissionen kam es zu einer heftigen Debatte darüber, ob der Begriff der „Theologie der Befreiung“ in das Schlußdokument aufgenommen werden sollte. Die Gegner einer Aufnahme vertraten die Ansicht, daß man sich damit unterschiedslos allen Strömungen dieser theologischen Praxis ausliefern würde. Die Befürworter wandten ein, daß ein Verzicht einen wesentlichen Teil der lateinamerikanischen Wirklichkeit unterschlagen würde. Man solle vielmehr das Begriffspaket der „Theologie der Befreiung“ „aufschnüren“ und untersuchen, welche der darin enthaltenen Strömungen annehmbar seien und welche nicht.

Die Konferenz war am Dienstagabend - 6. Februar - wieder zur Vollversammlung zusammengetreten, nachdem in den Kommissionsberatungen und den die Kommissionen verbindenden „Gittersitzungen“ die von den 21 Sachkommissionen erarbeiteten Papiere bereits einen Umfang von 181 Seiten angenommen hatten. Allein der Kommission 6 -„Evangelisierung und ganzheitliche Förderung des Menschen“ lagen bei Beginn der Generaldebatte bereits 106 Anträge zu ihrem Teilpapier vor.

Trotz aller Betonung von Einzelaspekten in Stellungnahmen und Interviews stand immer die Frage im Mittelpunkt: „Wie können wir diesen christlichen Kontinent mit christlichem Geist erfüllen?“ Das Eintreten für die Menschenrechte war in diesem Zusammenhang nur eines von mehreren Themen, aber ein Aspekt, der der Kirche viel an neuer Glaubwürdigkeit eingebracht hat

Mindestens ebenso wichtig war die Frage einer besseren christlichen Erziehung für die breiten Volksmassen Lateinamerikas, die die staatlichen Schulen wegen des Fehlens oder ungenügender Qualität des Religionsunterrichts nicht leisten können. Von daher kam die starke Betonung der Familie als erstem Ort der christlichen Erziehung sowie der Massenmedien als möglichen Trägern der Evangelisierung. Hier wird viel von der Ei-

geninitiative der Lateinamerikaner abhängen. So kündigte Erzbischof Metzinger aus Lima an, daß die Kirchen Lateinamerikas darangehen wollten, Kommunikatoren heranzubilden, die in den modernen Medien arbeiten und über diese ein Zeugnis für das Evangelium ablegen können.

Jesuiten immer kirchentreu

Jesuitengeneral Pedro Arrupe wandte sich in einer Pressekonferenz am Rand der Konferenz entschieden gegen den Vorwurf, die Angehörigen der Gesellschaft Jesu seien die Ursache der Gewalt in El Salvador und verkündeten in Mexiko marxistische Lehren. Die Jesuiten seien absolut kirchentreu, versicherte er, und von dem einen Gedanken beseelt, wie sie der Kirche und den Bischöfen bei der Erfüllung ihrer Arbeit helfen können.

Rund 120 Jesuiten sind als Berater von Bischöfen an der Konferenz von Puebla beteiligt. Ein Bischof aus El Salvador soll während der Konferenz schwere Vorwürfe gegen Jesuiten erhoben haben. Hierzu betonte Arrupe, die Gesellschaft Jesu wollte mit den Bischöfen zusammenarbeiten. In Lateinamerika sei ihr einziges Ziel, zur Verkündigung des Evangeliums beizutragen.

Seit der Ermordung des Jesuitenpaters Rutilio Grande in El Salvador verfolgte er die Geschehnisse in diesem Staat selbst sehr aufmerksam, betonte der General. Als man gegen alle Jesuiten, die das Land nicht verlassen wollten, Todesdrohungen ausgestoßen habe, habe er selbst ihnen gesagt, sie soDten dort bleiben. „Einer Drohung wegen zieht die Gesellschaft Jesu nicht zurück!“

Die Gesellschaft Jesu könne sich niemals eine Ideologie zu eigen machen, die auf dem Atheismus aufbaut und diesen verteidigt. Sie käme aber nicht um die Erkenntnis herum, daß sich das Phänomen des Marxismus in den Ländern, denen sie das Evangelium bringen solle, ausbreitet.

Sicher haben auch Jesuiten Fehler begangen, wer aber bei seinem Irrtum geblieben sei, gehöre heute der Gesellschaft Jesu nicht mehr an, denn eine solche Haltung könne der Orden niemandem zugestehen.

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