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Verantwortete Freiheit

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Der Ordensgeneral der Jesuiten, P. Peter Arrupe, hat seinen bisherigen Assistenten für die deutschsprachigen und holländischen Ordensmitglieder P. Marius Schoenenberger, durch den Österreicher, P. Johannes Schasehing, ersetzt. Der Rektor des Germa-nikums in Rom und Professor für Soziologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana folgt damit dem früheren Studentenseelsorger von Zürich, der durch seine Vermittlungsversuche mit den inzwischen aus dem Orden ausgeschlossenen Studentenpfarrern von Amsterdam besonders in das Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten war. .

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Der Ordensgeneral der Jesuiten, P. Peter Arrupe, hat seinen bisherigen Assistenten für die deutschsprachigen und holländischen Ordensmitglieder P. Marius Schoenenberger, durch den Österreicher, P. Johannes Schasehing, ersetzt. Der Rektor des Germa-nikums in Rom und Professor für Soziologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana folgt damit dem früheren Studentenseelsorger von Zürich, der durch seine Vermittlungsversuche mit den inzwischen aus dem Orden ausgeschlossenen Studentenpfarrern von Amsterdam besonders in das Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten war. .

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Ein „Spiegel“-Interview, zu dem Schoenenberger sich vor wenigen Wochen bereit gefunden hatte, ließ die unterschiedlichen Auffassungen zum Generaloberen P. Arrupe weiterhin sichtbar werden. Ohne jeden Versuch einer Richtigstellung durch den Mann, den der Orden als Gehilfen des von der Gemeinschaft demokratisch gewählten Obern bestimmt, konnte der „Spiegel“ in jenem Interview P. Arrupe als einen Jesuiten beschreiben, der von Rom aus kommandiert. Seitdem häuften sich die Meldungen, daß der Ordensgeneral den schon in den letzten Monaten, in Holland zumal, geäußerten Rücktrittsabsichten seines Assistenten entsprochen habe. Wer die „jüngeren Mitbrüder“ sind, die mit Zuschriften P. Schoenenberger gebeten haben sollen, im Amt zu bleiben, um Aufgaben der Ordensreform weiterzuführen, war selbst bei vermeintlich unmittelbar Beteiligten nicht zu erfahren. Unter der Überschrift „Schisma in der Leitung des Jesuitenordens“ lassen sich solche Dinge gewiß interessant darstellen. Zumal nachdem der Ordensgeneral vorher einige Jesuiten aus der Gemeinschaft entlassen hatte, die es mit ihrem Gehorsamsgelübde vereinbar hielten, dem Bischof ihrer Diözese mit einer öffentlichen Erklärung ein Ultimatum zü stellen. Drei der Gesellschaft Jesu angehörende Studentenpfarrer von Amsterdam hatten mit dieser Erklärung erzwingen wollen, daß ihr bereits aus der Ordensgemeinschaft entlassener Kollege Josef Vrijburg auch nach der beabsichtigten Ehe mit seiner Verlobten während der heiligen Messe predigen könne. Als der „Spiegel“ mit Schoenenberger das Eingreifen des Ordensgenerals in das „Experiment der Studentenpfarrer von Amsterdam“ besprach, mußte jedem Sachkenner — ich konnte mich in zahlreichen Gesprächen in Amsterdam über die tatsächlichen Verhältnisse ausreichend informieren — die Schilderung der Vorgänge peinlich erscheinen. Der Eindruck drängte sich auf, der Ordensgeneral habe durch sein Eingreifen die liturgischen Reformen von Amsterdam unterdrük-ken wollen. Tatsächlich hatte er nur dem von der Ordensverfassung und dem bei seiner Wahl am 22. Mai 1965 von der Generalkongregation erhaltenen Auftrag entsprochen, „jene zu entlassen, bei denen sich ergibt, daß ihr Verbleiben in der Gesellschaft für das Wohl des Ganzen nicht dienlich ist.“ (Konstitutionen des heiligen Ignatius.) Die seit einigen Jahren verbreitete Neigung, unter dem Schlagwort Demokratisierung der Kirche jede verantwortliche Entscheidung eines kirchlichen Amtsträgers als autoritäre Unterdrückung berechtigter Freiheit zu diffamieren, mag die Gegensätze zwischen dem Ordensgeneral und seinem Assistenten und ihren jetzigen Abschluß als diktatorisches Machtstreben des Spaniers Arrupe auslegen. Daß er sich in dem bekannten Sozialwissenschaftler Schasehing, der zu den Hauptrednern des Katholikentages in Essen, September 1968, zählte, ein gefügiges Werkzeug ausgewählt habe, läßt sich allerdings kaum behaupten. Der Österreicher (52) Schasehing erscheint durch seine menschlichen und wissenschaftlichen Eigenschaften besonders geeignet für die Aufgaben, die ihm in der Ordensverfassung zugewiesen sind.

Das Amt der Assistenten des Ordensgenerals geht bereits auf Ignatius von Loyola, den Gründer des Jesuitenordens, zurück. Er sah bei der damaligen Ausdehnung der Gesellschaft Jesu vier dieser Assistenten vor. Der heutige Katalog nennt für die etwa 35.000 Mitglieder des Ordens fünfzehn dieser Assistenten. Dabei wird seit der letzten General-kongregation unterschieden zwischen den vier Generalassistenten und den Regionalassistenten. Das Dekret bestimmt über die Generalassistenten: ..Diese vier Generalassistenten haben beschließende beziehungsweise beratende Stimme in all den Fällen, in denen das allgemeine Kirchenrecht auch für die Gesellschaft vorschreibt, daß der General mit Zustimmung oder nach Anhören seiner Konsultoren entscheidet.“ Die Regionalassistenten dagegen halben keinerlei Leitungsvolknachten.

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