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Die Macht des Generaloberen

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Die ursprüngliche Verfassung des Ordens bestimmt zwar, daß der Ordensgeneral alle Dinge von größerer Wichtigkeit mit den Assistenten besprechen soll. „Die Entscheidungsvolknacht bleibt jedoch, nachdem er sie angehört hat, ausschließlich Sache des Generalobern.“ Die letzte Ordensversammlung bestimmte zudem: Die Regionalassistenten stehen dem Generalobern als Berater zur Verfügung, „besonders für Angelegenheiten der verschiedenen Regionen. Sie können ihre Ratschläge geben entweder einzeln oder in gemeinsamer Beratung, wie es P. General von ihnen wünscht.“ Die Worte des Dekretes zeigen, daß die Vollversammlung des Ordens alle Vollmacht der Ordensleitung weiterhin dem Generalobern belassen hat. Sie stimmte mit dem heiligen Ignatius überein, dessen Ordensverfassung bereits schrieb: „Für eine gute Leitung der Gesellschaft erscheint es als notwendig, daß der Generalobere adle Gewalt in der Gesellschaft habe, die zum Aufbau dient... Wie es Pflicht des Generalobern ist, dafür zu sorgen, daß überall die Satzungen der Gesellschaft beobachtet werden, so steht es ihm auch zu, in den Fällen Dispens zu erteilen, in denen es in Anbetracht persönlicher, örtlicher, zeitlicher und anderer Umstände notwendig ist.“ Die Generalkongregation von 1965/66 räumte dem Ordensgeneral zudem das zuvor von ihr verwaltete Recht ein, seine Regionalberater zu ernennen. Pater Marius Schoenenberger hatte demnach P. Arrupe wie alle anderen Regionalassistenten beratend zur Seite zu stehen. Nicht anders als der ihn nun ersetzende P. Johannes Schasehing.

Sonderaufgaben in der Reform des Gesamtordens waren ihm jedoch keineswegs übertragen. Auch nicht durch „eine Gruppe jüngerer Mitbrüder“, die dazu gar nicht beauftragen können. Vielmehr hat der Gesamtorden in jahrelanger geistiger Anstrengung und vielfachen über Monate sich erstreckende Beratungen mit seiner Generalkongregation von 1965/66 dem Erneuerungsauftrag des Konzils zu entsprechen versucht. Diese zeitgemäße Erneuerung erstreben die „Dekrete der 31. Generalkongregation der Gesellschaft Jesu“, die jedem Jesuiten zugänglich sind. Zur Veröffentlichung dieser Dekrete schrieb P. Arrupe: „Die Dekrete stehen bis jetzt auf dem Papier. Von uns hängt ab, ob sie Wirklichkeit werden. Aber die Dekrete enthalten, Keimen gleich, Grundsätze, die die so ersehnte Entwicklung, unsere Erneuerung, die fortschreitende Modernisierung unserer Arbeiten und Einrichtungen zu fördern und zu lenken vermögen. Wenn wir uns diese Kriterien und Normen zu eigen machen, wird es bald ein neues Bild des Jesuiten und der Gesellschaft Jesu geben. Dieses neue Bild wird sich zwar vom gestrigen nicht wenig unterscheiden aber dem ignatiani-schen Typ mit noch klarerer Linienführung um so mehr entsprechen.“ Im Geiste solcher Worte „kommandiert der General in Rom“ nicht den Orden, sondern traut allen Mitbrüdern verantwortete Freiheit zu.

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