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Nicht bei Wasser und Brot

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asiatischer Nichtangriffspakt geschlossen werde, unterzeichnet von China, den USA, Japan, beiden Korea, beiden Vietnam. Doch er sagte selbst, daß dieser Nichtangriffspakt vorderhand illusorisch sei und nur verhandelt werden könnte, nachdem die USA sich aus Asien zurückgezogen hätten. Ohne Zweifel glaubt man in Moskau und Peking, mit der Wahl Sasakis zum Vorsitzenden der japanischen Sozialisten mühelos einen Erfolg in Japan errungen zu haben. Die Kommunisten sind sich nur nicht ganz klar, wer die Früchte ernten wird, Moskau oder Peking. Kennt man die Persönlichkeit des

Sozialistenführers, fragt man sich aber, ob es überhaupt die Kommunisten sein müssen, die zuletzt lachen.

Wie die armen Bauern des Nordens

Der neue Parteiführer hat das runde Gesicht eines bäurisch-schlauen Buddha und strahlt jene Unabhängigkeit aus, d}e ein Attribut der echten Liebe zur Politik ist. Zum Unterschied von den meisten Arbeiterführern in Japan, die ihre Lehr- und Gesellenjahre in den Arbeiterorganisationen des Militärregimes absolvierten, gehörte Sasaki damals der Handvoll Todesmutigen

an, die der Kempetai und der Gedankenpolizei trotzten. Seine Spezialität ist Zuzu, der harte Dialekt eines Landstriches der armen Bauern im Norden Japans; Sasaki kommt von dort und spricht immer Zuau, in Massenversammlungen und im Parlament. Die Erinnerung an Aneurin Bevern drängt sich auf, es ist viel Ähnlichkeit zwischen dem verstorbenen Bergarbeiterführer in England und dem sehr lebendigen Sozialistenführer Japans. Die Ähnlichkeit läßt erwarten, daß viele, auch die Kommunisten in Peking und in Moskau, von Sasaki Uber-raschungen erleben werden.

Der ..jesuitische Ramadan“ fand nicht statt. Es war nicht nötig, von der Vorschrift des heiligen Ignatius von Loyola Gebrauch au machen und die 218 Wahlmänner der Gesellschaft Jesu auf Wasser und Brot zu setzen; sie erfüllten ihren Auftrag zwischen Frühstück und Mittagessen. Um 11.52 Uhr, am 22. Mai, stand fest, daß der Nachfolger des am 5. Oktober vergangenen Jahres verstorbenen Generalobern J. B. Janssens der Baske Pedro Arrupe ist. Offen blieb allerdings, ob er auf Lebenszeit oder nur für eine bestimmte Amtsdauer gewählt wurde.

Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussionen während der ersten vierzehn Tage der 31. Generalkongregation des Jesuitenordens, die seit dem 7. Mai in der Ordenszentrale am Borgo Santo Spirito im Schatten des Petersdomes versammelt ist. Die Generalkongregation als das höchste Organ des Ordens hätte die Ordensverfassung beziehungsweise die Gesellschaftsordnung ändern können, doch einigte man sich darauf, es vorerst bei der bisherigen Verfahrensweise au belassen. Abstimmungen am 13. Mai ergaben, daß nur fünf stimmberechtigte Mitglieder der Versammlung der Meinung waren, die Generalkongregation könne vor der Wahl des Generals nicht über seine Amtsdauer diskutieren, immerhin aber 37 eine solche Debatte nicht für

opportun hielten. '9 '

TTsgioc Ihi- ■'“.1 Jittfarn Jit*9ji UM, Eine Beschränkung der Amtsdauer?

Die Mehrheit war also für eine Aussprache vor der Wahl. So wurden am folgenden Tag, dem 14. Mai, zunächst drei Relationen zu diesem I Problem vorgetragen. Der Amerika- i ner Klubertanz plädierte für eine zeitliche Beschränkung der Amtsdauer des Generals. Der Deutsche von Tattenbach legte die Gründe dar, die für eine Wahl auf Lebenszeit beziehungsweise für eine aktive oder passive Resignation des Gene-

rals aus Gesundheitsgründen sprechen. Der Franzose Deichard schließlich erläuterte die juristische Seite des Problems; er sah drei Möglichkeiten:

a) Diskussion und eventuell Änderung der geltenden Bestimmungen vor der Wahl,

b) Diskussion und eventuell Änderung der geltenden Bestimmungen nach der Wahl, wobei die neuen Bestimmungen schon für den neugewählten General gelten,

c) Diskussion und eventuell Änderung der geltenden Bestimmungen

Neuer Jesuitengeneral Arrupe: vierzehn Kardinalfragen gerecht Photo: Votava

nach der Wahl, wobei für den neugewählten General nur die Möglichkeit der aktiven und passiven Resignation gilt.

54 Redner nahmen am 15. und 17. Mai in insgesamt rund zehnstündiger Diskussion zu diesem Problemkreis Stellung. Die Aussprache wurde als sehr offen und frei bezeichnet. Ihr Ergebnis war, daß erst nach der Wahl des Generals — im Rahmen der Reform des gesamten zentralen Verwaltungsapparates d*F Ordensgesellschaft — endgültig entschieden werden soll. So wurde, am Nachmittag des 17. Mai, der 22. Mai als Wahltag bestimmt.

Am 18. Mai begannen die „Mor-morazione“: Ordensgründer Ignatius wollte, daß die Wahlmänner vier Tage lang Zeit haben, sich die nötigen Informationen über die möglichen Kandidaten für das Amt des Generals „zuzuflüstern“.

Am Wahltag selbst wurde um 5 Uhr geweckt. Nach dem Frühstück versammelten sich die Wahlmänner in der Kapelle, wo der bisherige Generalvikar des Ordens, P. Swain, mit elf Patres aus den verschiedenen

Assistenzen die Messe konzelebrierte. Unter dem Gesang des „Veni Creator Spiritus“ zog man dann in die Kongregationsaula. Um 7.30 Uhr wurden die Türen verschlossen. P. Maurice Giuliani, Direktor der SJ-Zeitschrift „Etudes“ (Paris), hielt die Rede zur Wahl des neuen Generals. Ihr folgte eine Stunde Meditation, nach der sich die Wahlberechtigten erst endgültig für einen Kandidaten entscheiden sollen. Um 9.19 Uhr begann der erste Wahlgang. Jeder Wähler, beginnend mit Generalvikar Swain, schrieb den Namen seines Kandidaten auf den Stimmzettel, unterzeichnete ihn, kniete vor das Kreuz am Altar, legte den vorgeschriebenen Eid ab und ließ den Stimmzettel in die Urne fallen. Dem, ersten, ergebnislosen Wahlgang folgte unmittelbar der zweite. Da auch dieser negativ verlaufen war, schloß sich um 11.20 Uhr der dritte an. Um 11.52 Uhr wurde das Ergebnis des dritten Wahlgangs bekanntgegeben: P. Arrupe hatte die nötige absolute Mehrheit plus einer Stimme erreicht.

Mit einem geschlossenen Umschlag, der ein Billett mit dem Namen des Gewählten enthielt, eilte daraufhin der Generalpostulator des Ordens, P. Molinari, in den apostolischen Palast. Der Adressat des Umschlags, der Papst, war gerade in einer Audienz. Molinari mußte warten. Als Paul VI. dann den Namen las, gab er seiner Freude Ausdruck und beauftragte den Boten, dem neuen General und dem ganzen Generalkapitel seinen besonderen Segen zu überbringen. Damit hatte der Papst, wie es die ignatianische Ordensregel fordert, die Wahl bestätigt.

Wähler und Gewählter zogen inzwischen aus der Aula in die Kapelle der Jesuitenkurie und sangen dort das Tedeum.

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