Medizinethik: Mensch in den Mittelpunkt

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Die gesundheitspolitische Diskussion wird zunehmend durch die Frage nach der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems, durch den Streit über die Zukunft des Solidarsystems und die gerechte Verteilung der zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie der finanziellen Lasten beherrscht.

In diesem Streit werden gewichtige Grundsatzfragen leicht übersehen. Die ganze Diskussion greift zu kurz, solange lediglich nach der Effizienz, nicht aber nach dem Sinn der Medizin gefragt wird, das heißt nach ihrem Wozu.

Nur wenn die elementare Frage nach dem Selbstverständnis der Medizin, das heißt aber auch nach den sie leitenden Begriffen von Krankheit und Gesundheit gestellt wird, lassen sich auch die Grenzen ärztlicher Verantwortung und der Verpflichtung zur Solidargemeinschaft bestimmen.

Wenn das allgemeine Ziel aller Medizin nicht die Heilung von Krankheiten, sondern von kranken Menschen ist, muss der Mensch als Person in den Mittelpunkt der medizinethischen Diskussion gerückt werden. Die für den betroffenen Menschen unabweisbare Frage nach dem Sinn von Gesundheit und Krankheit, Behinderung und Leiden, Geburt und Tod kann von der Medizin nicht beantwortet werden, es sei denn um den Preis ihrer Überhöhung zu einer Heilslehre, der von der Gesellschaft die alleinige Definitionsmacht über das Menschsein eingeräumt wird.

Kritik ist auch gegenüber einem utopischen Gesundheitsbegriff angebracht, der das Recht auf angemessenen Zugang zum Gesundheitswesen mit dem Recht auf Glück und jegliche Leidfreiheit verwechselt. Hier tut gewissermaßen Religionskritik not, gehört zum Leben doch auch seine Fragmenthaftigkeit.

Eine High-Tech-Medizin, der Übermenschliches abverlangt wird, droht im Ergebnis unmenschlich zu werden.

Ulrich H. J. Körtner ist Professor für Syste-matische Theologie H.B. an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

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