Schönborn und Evolution

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Kreationisten gegen Evolutionisten, Bibel-Fundis ("Sieben-Tage-Schöpfung") gegen Naturwissenschafter - das war bisher ein Albtraum aus Bush-Amerika. Soll er durch den Erzbischof von Wien nun auch in Europa zum Leben erweckt werden? Ein Gastkommentar von Kardinal Schönborn in der New York Times vom 7. Juli warnt davor, einen "eher vagen und unwichtigen Brief unseres geliebten Papstes Johannes Paul II." von 1996, wonach die Evolutionslehre "mehr als nur eine Hypothese" sei, als deren Billigung zu missdeuten. Seine "wirkliche Lehre" gehe von einer "inneren Finalität" allen Lebens aus, wie sie auch im Weltkatechismus zum Ausdruck komme.

Das ist eine Bombe. Die Grundannahme einer Entfaltung des gesamten Universums von extremer Einfachheit zu wachsender Komplexität wird heute kaum von ernst zu nehmenden Wissenschaftern angefochten. Selbstverständlich glauben Christen an Gott als Urheber und Ziel dieses Prozesses. Aber das eben ist Glaube. Von allen Naturwissenschaftern zu erwarten, dass sie ebenso formulieren, ist eine Grenzüberschreitung und nicht weniger Ideologie, als wenn Naturwissenschafter behaupten, sie hätten die Nichtexistenz Gottes bewiesen.

Wollte Schönborn nur diese atheistische Ideologie zurückweisen? Dann hätte er Recht gehabt, aber anders formulieren müssen. Er aber wendet sich ausdrücklich gegen den Evolutionsbegriff. Schönborn möchte, dass "Evolution als nur eine von vielen Theorien" in katholischen Schulen gelehrt werde.

Naturwissenschafter und Lehrer hätten "verwirrt, bestürzt und sogar zornig" auf diese Wortmeldung reagiert, schrieb die New York Times am 9. Juli. Was soll man in Österreich dazu sagen, wo Kardinal König die Beilegung des peinlichen Streits um Galilei in Rom erreichte und nun sein Nachnachfolger das Kriegsbeil wieder auszugraben scheint?

Der Autor ist freier Publizist.

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