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Teures Olympia

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Vor drei Jahren noch mit 520 Millionen DM veranschlagt, sollen die Kosten für die Olympischen Spiele in München nunmehr 1,15 Milliarden DM betragen. Aber auch diese Summe, die Vertreter des Olympiakomitees nach langem Zuwarten notgedrungen Anfang November in München bekanntgaben, gilt keineswegs als gesichert. Der bayrische SPD-Vorsitzende Gabert nannte als „realistische Schätzung“ den Betrag von 1,5 Milliarden Mark, mit denen die vom Komitee nicht einkalkulierten Baukostensteigerungen ebenfalls abgedeckt wären.

Noch im Mai 1969 lauteten offiziöse Schätzungen derer, die 1972 die „Spiele der kurzen Wege“ veranstalten wollen, völlig anders. Man sprach damals von 801 Millionen DM. Kurze Zeit darauf erfolgte die Ankündigung von 74 Millionen Nachgenehmigungen, ein Großteil davon für das olympische Zeltdach.

Die jetzigen Steigerungen werden folgendermaßen begründet: Auf neue Objekte entfallen 75 Millionen D-Mark. Nicht vorhergesehene Anforderungen im Raum- und Funktionsprogramm benötigen weitere 74 Millionen DM. Dazu kommen 17 Millionen DM zur Deckung von Kostenveränderungen, die sich aus den inzwischen vorliegenden, detaillierten Planungen ergeben. Auf zu geringe Kostenannahmen entfallen 22 Millionen DM, und allein für Kunstwerke sollen 7 Millionen DM ausgegeben werden. In der Summe von 1,15 Milliarden DM sind außerdem Veränderungen der Preisbasis einschließlich Winterbaumaßnahmen seit Aufstellung des Kostenvoranschlags bis heute in Höhe von 60 Millionen DM eingerechnet und 20 Millionen DM zur Aufstockung des Betrags für Unvorhergesehenes. Der größte Teil dieser hohen Investitionskosten soll nach wie vor von der öffentlichen Hand erbracht werden. Im Konsortialvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und der Stadt München waren ursprünglich 520 Millionen DM vorgesehen, an denen sich die Partner zu je einem Drittel beteiligten. Jetzt ist auch diese Summe bereits auf 670 Millionen DM emporgeklettert, und Bayern bemüht sich zusammen mit München energisch darum, den Bund zur Übernahme von wenigstens der Hälfte zu veranlassen. Strauß hatte kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Finanzministerium eine — allerdings unverbindliche — Zusage in diesem Sinne bereits gemacht. Die Bundesregierung wäre offenbar auch jetzt durchaus geneigt, einer Halbierung zuzustimmen. Freilich mit der Auflage, daß sie dann für die Folgelasten, die jährlich mit 10 Millionen D-Mark veranschlagt werden, nicht mehr aufzukommen hätte. Mit diesem Junktim wiederum sind die Bayern nicht einverstanden: „Die zentralen Olympiastätten“ — so Münchens Oberbürgermeister Vogel in einem Brief nach Bonn — „sind in allen vergleichbaren Olympiastädten nach ihrer Fertigstellung von der Zentralregierung übernommen worden.“

Der Rest von 480 Millionen DM soll zum größten Teil aus der Olympialotterie (226 Millionen DM) und aus dem Verkauf des Olympia-10-Mark-

Stücks (136 Millionen DM) gewonnen werden. 28 Millionen DM stammen zudem aus einem Beitrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung zum Bau der zentralen Hochschulsportanlage.

AU diese ständig wachsenden Kosten — die Ausgaben für die Organisation in Höhe von 200 Millionen DM sind in den 1,15 Milliarden DM noch gar nicht eingerechnet — haben in letzter Zeit immer mehr Kritiker auf den Plan gerufen. Vor allem in der übrigen Bundesrepublik findet das kaum verhehlte Prestigedenken Münchens wenig Verständnis. Die „Frankfurter Allgemeine“ schrieb kürzlich in einem Leitartikel: „München soll sich 1972 in einem Kleid präsentieren, das sich sehen lassen kann. Aber es muß kein Prunkgewand sein. Es geht nicht an, daß München sich mit den Olympischen Spielen auf unser aller Kosten gleich für das nächste Jahrzehnt saniert.“

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