"Tolle Ideen marktfähig machen"

Werbung
Werbung
Werbung

Wirtschaftslandesrat Dr. Christian Buchmann zur neuen steirischen Wirtschaftsstrategie und der Vision dahinter.

Herr Landesrat, wie würden Sie in wenigen Worten den Leitgedanken der neuen Wirtschaftsstrategie des Landes Steiermark zusammenfassen?

Landesrat Dr. Christian Buchmann: Der amerikanische Pionier der Innovationsforschung Everett Rogers war überzeugt davon, dass "Innovation Erfindung plus Umsetzung ist". Es genügt also nicht, eine tolle Idee zu haben, sie muss auch zum Laufen gebracht werden und sie muss vor allem marktfähig werden.

Sie zitieren Everett Rogers, welche Vision verfolgen Sie mit dieser Wirtschaftsstrategie?

Buchmann: Meine Vision ist es, die Steiermark als das Bundesland mit den am meisten am Markt umgesetzten Ideen und Innovationen zu positionieren - beruhend auf der Erkenntnis, dass nur durch erfolgreiche innovative Produkte und Dienstleistungen Beschäftigung und Wertschöpfung und damit Einkommen am Wirtschaftsstandort Steiermark gesichert und vermehrt werden können.

Wie ist diese neue Wirtschaftsstrategie für die Steiermark letztlich entstanden?

Buchmann: Wir haben diese Strategie in einem intensiven Prozess im Laufe von drei sehr ertragreichen Workshops gemeinsam mit Unternehmerinnen und Unternehmern und unter Einbeziehung der Wirtschafts-und Sozialpartner sowie Wirtschafts-und Interessenvertretern entwickelt. Sie basiert auf sieben strategischen Leitlinien, die in der Folge ausgearbeitet und mit Aktions-und Förderprogrammen hinterlegt wurden. Die Orientierung der Leitlinien erfolgt in den steirischen Stärkefeldern: Automotive/Mobilität, Creative Industries, Energie-und Umwelttechnik, Engineering/ Anlagenbau, Holz/Papier/Holzbau, Humantechnologie, Lebensmitteltechnologie, Nano-und Mikrotechnologie, Simulation/ mathematische Modellierung, Telekommunikation/ Informationstechnologien/Medien/Elektronik und Werkstoffe.

Sie haben die neue Wirtschaftsstrategie auch als "living paper" bezeichnet - was meinen Sie damit?

Buchmann: Das heißt, der Prozess hinter dieser Strategie bleibt lebendig, geht weiter. Die vorliegende Wirtschaftsstrategie ist nicht als programmatische Festschreibung von strategischen Leitlinien und Maßnahmen zu sehen, sondern ist aufgrund sich ständig ändernder Rahmenbedingungen als ein laufender Strategieprozess zu interpretieren.

Welche nächsten Schritte sind dafür konkret geplant?

Buchmann: Das Wirtschaftsressort macht sich erstmals mit dieser Wirtschaftsstrategie messbar. Die Leitlinien werden einem laufenden Monitoring und Controlling unterzogen und entsprechend den Anforderungen des Marktes justiert. Um ein konkretes Ziel zu nennen: Die viel zitierte Lissabonstrategie der Europäischen Union nennt 3Prozent Forschungs-und Entwicklungsquote als Vorgabe. Mit beachtlichen 3,67 Prozent hat die Steiermark aber diese EU-Quote bereits längst erreicht - deshalb peilen wir jetzt bis 2010 eine Forschungs-und Entwicklungsquote von 4 Prozent an.

Wo sehen Sie persönlich die größten Herausforderungen in der Zukunft für den Wirtschaftsstandort Steiermark?

Buchmann: Die Steiermark positioniert sich bereits heute als Innovations-, Forschungs-und international vernetzter Wirtschaftsstandort. Innerhalb der letzten 10 bis 15 Jahre ist es uns gelungen, die bestehenden Strukturprobleme zu bewältigen. Der enorme Umstrukturierungsdruck auf die grundstofforientierten Unternehmen in Richtung moderner und innovativer Produktionsbetriebe konnte in der Steiermark großteils abgeschlossen werden. Jetzt müssen wir uns um die Absicherung und weitere Entwicklung des Erreichten sowie um die marktmäßige Umsetzung - siehe den anfangs zitierten Leitgedanken von Everett Rogers - der vorhandenen Forschungskapazitäten bemühen. Zusammengefasst bedeutet das: Wir müssen die Innovationsorientierung der Steiermark, die in den letzten Jahren eingeleitet wurde, weiter intensivieren - im Besonderen für die Kleinen und Mittleren Unternehmen. Wobei mir auch sehr wichtig ist, dass der Begriff Innovation nicht ausschließlich technologieorientiert gesehen wird, sondern auch neue Dienstleistungen, neue Produkte und die Eroberung neuer Märkte als genauso wichtig und innovativ betrachtet werden.

Im internationalen und nationalen Rahmen hat sich seit den 1990er Jahren die Bildung von sogenannten "Clustern" als wichtiges wirtschafts-und technologiepolitisches Instrument etabliert - mit dem Automobilcluster ist der Steiermark ein international anerkanntes Pilotmodell gelungen. Wie wurden derartige Projekte in die neue Wirtschaftsstrategie eingebunden?

Buchmann: Der steirische Automobilcluster ist sicher der international und österreichweit bekannteste steirische Erfolg in diesem Bereich. Daneben konnten wir aber auch weitere Cluster in den Bereichen Werkstoffe, Humantechnologie, Energie-und Umwelttechnik sowie in der Holzbranche initiieren und erfolgreich auf-und ausbauen. Neben einem weiteren Professionalisierungsschub in diesem Bereich wird mit unserer Strategie die 2. Phase der steirischen Clusterpolitik eingeleitet: Dabei steht eine spezifische Ausdifferenzierung des Leistungsportfolios - basierend auf einer mittel-und langfristig angestrebten Positionierung des jeweiligen Clusters im Zentrum.

Alle Strategien und Pläne hängen letztlich vom Engagement des oder der Einzelnen ab - inwieweit haben Sie diesen essenziellen Bereich in Ihrer Wirtschaftsstrategie auch berücksichtigt?

Buchmann: Während in den vergangenen Jahren der klassische Weg ins Unternehmertum - nämlich die Neugründung - im Vordergrund stand, zeigt sich jetzt ein verändertes Bild: Neue Wege zu einer selbstständigen Beschäftigung stehen zunehmend im Vordergrund. Beispielsweise seien hier "Neue Selbstständige", spin-off-Gründungen, Franchisegründungen, Betriebsübernahmen etc. genannt. Aufbauend auf diesen Trend müssen nunmehr neue, maßgeschneiderte Dienstleistungen angeboten werden. Voraussetzung für die Weiterführung dieser positiven Entwicklung ist jedoch die Schaffung einer Bewusstseinsebene, die es erlaubt, die Selbstständigkeit nicht nur als gleichwertige Berufsoption, sondern auch als chancenreiche Lebensoption zu sehen.

Als ein letztes, dafür umso höheres Ziel haben Sie sich und der Steiermark gesetzt, in internationalen Ratings mit dem sogenannten Triple AAA bewertet zu werden - was braucht es vor allem dazu?

Buchmann: Dafür benötigt die Steiermark Ideen, Initiativen und Innovationen und auf keinen Fall Zweifel, Zögern und Zwänge - nur so können Unternehmerinnen und Unternehmer in der Steiermark Arbeitsplätze schaffen und den Wirtschaftsstandort Steiermark zu einem der besten in Europa werden lassen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung