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Ulrich Ott: Weltenwandler zwischen Spiritualität und Wissenschaft

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Ulrich Ott pendelt zwischen Yoga-Matte und einem Labor für Gehirnforschung. Er verbindet Spiritualität und Neurowissenschaft. Wie schafft er das? Ein Porträt.

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Ulrich Ott pendelt zwischen Yoga-Matte und einem Labor für Gehirnforschung. Er verbindet Spiritualität und Neurowissenschaft. Wie schafft er das? Ein Porträt.

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Die Geschichte vieler Yogis beginnt mit dem ersten Schritt auf die Matte. Ulrich Ott setzt ihn, noch bevor er volljährig ist. In der Oberstufe, er ist wohl erst 15 Jahre alt, liest der Gymnasiast die „Kleine Weltgeschichte der Philosophie“ von Hans Joachim Störig. Gleich im ersten Kapitel über indische Philosophie und Yoga findet ihn ein Satz, der ihn lange begleiten wird: Atman ist gleich Brahman, die Individualseele ist identisch mit der Weltseele. Das sei kein Postulat, sondern eine empirisch überprüfbare Tatsache, steht da. Darauf folgt eine Beschreibung des achtgliedrigen Weges von Patanjali, der schließlich bis zu „Samadhi“ – der inneren Freiheit – führt. Sein Interesse ist geweckt.

Was er in seinem ersten Yoga-Kurs beim „Volksbildungswerk Klarenthal“ auffindet, überrascht den jungen Ulrich Ott dann doch. Eine Gruppe von Frauen im mittleren Alter, professionell gekleidet, exerziert routiniert Hatha-Yoga-Posen. Gemeinsam meditiert oder philosophiert wird nicht. „Das war eine eingeschworene Gruppe. Ich kam mir vor wie ein Fremdkörper. Die geistige Ebene des Yoga war dort gar nicht reflektiert“, erzählt er. „Ich war dann doch am Rätseln, wie ich die beiden Welten zusammenbringen kann.“ Dass er in den kommenden vier Jahrzehnten des Rätsels Lösung näher kommen wird, weiß er damals noch nicht.

Yogis in der „Röhre“

Ulrich Ott trägt seine Locken kurz geschnitten und, wenn er über Yoga und Meditation spricht, ein mildes Lächeln im Gesicht. Journalisten beschreiben ihn als „einen der führenden Meditationsforscher im deutschsprachigen Raum“ und „frei von jeglicher Dogmatik“. Seine Doktoranden nennen ihn „Uli“. Seine Karriere verbringt der 56-Jährige mit der Vermittlung zweier Sphären: Meditation und Neurowissenschaften. Am „Bender Institute of Neuroimaging“ der Universität Gießen erforscht er, wie sich Meditation auf die Hirnstruktur auswirkt. Er führt Elektroenzephalografien (EEG) durch und misst die Hirnaktivität von Probanden im Magnetresonanztomographen (MRT) – der „Röhre“, wie er sagt.

Worte wie „vergeistigt“ und „durchleuchtet“ kommen ihm weich über die Lippen. Man fragt sich: Ist er ein Yogi, der Forschung betreibt? Oder ein Wissenschafter, der Yoga praktiziert? Fragt man Ulrich Ott, antwortet er jeweils „Ja“. Dann lächelt er kurz in sich hinein und folgert: „Ich bin wohl beides.“ Diese Dualität von Wissenschaft und Spiritualität begleitet ihn seit Jahrzehnten.

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