Warschau ist eine schöne Stadt.Der wichtigste Bahnhof ist der Zentralbahnhof. Er hat eine große Wartehalle und einen noch größeren Fehler: Fernsehapparate in dieser Wartehalle. Den ersten großen Fehler, den ich an diesen Apparaten diagnostizierte, darf ich gerechterweise nicht dem polnischen Rundfunk anlasten. Naturgemäß minderten meine mangelhaften Kenntnisse der polnischen Sprache den Femsehgenuß in der Wartehalle des Warschauer Zentralbahn-hofes erheblich; ich hatte allerdings gar nicht vor, hier lange Zeit zuzubringen. Nur eine Liegewagenkarte von Warschau nach Ostberlin für den
Ostern das liebliche Fest ist gekommen, und es warten auf nette Geschenke so manche der Freunde. Wohl dem, der seit Weihnachten allen Durchlaufern ein kräftiges „Stop!“ zugerufen hat und so auf das Fest vorbereitet ist. Was sich so alles an sympathischen Uberflüssigkeiten im Lauf der letzten Geburts-, Namens- und Hochzeitstage sowie sonstiger Jubiläen angesammelt hat, gilt es gerecht auf die liebe Familie, die Verwandt- und Bekanntschaft aufzuteilen.In der Beliebtheitsskala rangieren dabei ganz oben die Bonbon-nieren, da außer Diabetikern jedermann und natürlich jede Frau, ganz
Gesellschaftsspiele am Graben anno 1802: „Eine Menge Stutzer, die sich theils bis zu dieser Stunden angezogen haben und theils jetzt aus den Bureaux und den Contoirs kommen, postieren sich mit der Lorgnette in der Haund, die vorübergehenden Schönen zu beurtheüen“, weiß ein Zeitgenosse zu berichten. Eine Variante des Spiels „Ich seh\ ich seh\ was du nicht siehst“ für Erwachsene.Und heute? Die Flaneurs und Stutzer von einst würden kaum noch die Ruhe finden, den Graben vom Stephansplatz zum Kohlmarkt entlang zu spazieren und ihre Beobachtungen zu machen. Zu hastig flutet die
Wenn mein Blick auf den monatlichen Gehaltszettel fällt, denke ich mir manchmal, ich hätte doch lieber Fasser werden sollen. Oder Einrichter.Sie verstehen nicht ganz, lieber Leser? Nein, das ist kein neues Handwerk — aber goldenen Boden hat es doch. Sollten Sie ein fleißiger und aufmerksamer Theaterbesucher sein, haben Sie mit die-sem Berufszweig sicher schon Bekanntschaft geschlossen. Sie wollen wissen, in welchem Zusammenhang? Blicken Sie einmal genau auf den Programmzettel: Dort tummeln sich an der Spitze, gleich nach dem Namen des - gewöhnlich schon lange verblichenen und daher
Welcher Mensch mit halbwegs kultivierten Geschmacksknospen ißt noch „mit“? Seit die Nouvelle Cuisine im Reich der Gourmets regiert, heißt die Devise „auf“.Merke eines, angehender Lu-kullus: Die Präposition macht den Geschmack oder jedenfalls den für Feinschmecker unentbehrlichen Tupfen auf dem i jeder Speise. Vergleiche nur, junger Feinspitzaspirant, schon bei der Lektüre der Speisenkarte: Wie klobig klingt etwa das Geselchte mit Kraut und Knödeln; hingegen: Filet Wellington auf jungem Blattspinat! Schon dieses „auf“ kann man auf der Zunge zergehen lassen, der Vorgeschmack
Wie sich die Töne gleichen! Ob der Vorhang sanft zu Boden schwebt, rasselnd niederfällt oder elegant zusammenrauscht — in den aufrauschenden Beifall mischt sich, neben dem freundlichen, durch regelmäßiges Gegeneinanderschlagen der Handflächen erzeugten Geräusch, seit einiger Zeit regelmäßig eine ungewohnte Begleitmusik.Wenn nun die Darsteller an die Rampe treten, steigert sich, was zuvor mit einigem Wohlwollen noch überhört werden konnte, zu eindeutiger Lärmentwicklung: zerquetschte Vokale, verriebene Diphtonge, zuletzt in unkontrolliertes Jubelgeheul übergehend, erinnern den
Die Reisesaison ist endgültig vorbei. Auch ziemlich der letzte Weltenbummler ist in die herbstlichen Gefilde Österreichs zurückgekehrt, die Erde hat ihn wieder. Bekanntlich ist eine Reise aber nicht mit der Heimkehr zu Ende, denn man muß ja erst dem staunenden Bekanntenkreis erzählen, wie großartig der Urlaub war.Wenn jemand eine Reise tut, dann kann er was erzählen — das galt früher. Heute ändert sich ein einziges Wort: In unserem statistikverliebten Zeitalter heißt es von einem Reisenden eher — dann kann er etwas herzählen. Mit Zahlen überfüttert, kehrt er heim. Wer im
Dem Zeitwort ist der Zeitgeist nicht wohlgesonnen; insbesondere die journalistische Verkörperung dieses (Un-) Geisteszustandes in einschlägigen Magazinen hat dem Zeitwort Vernichtung geschworen. Die Waffe, mit der dem Ver-bum die letzten Zuckungen abgekürzt werden sollen, ist der Schlagwortstil. Die dichte Aufeinanderfolge solcherSchläge läßt dem Leser keinen Spielraum mehr zu allfälligen Zweifeln an der Treffsicherheit dieser Anschläge auf seinen Geist.Der zeitliche Wandel, dem alle Worthülsen unterworfen sind, wird durch die Eliminierung des. Zeitwortes verschleiert. Die
Man nehme ein Thema von Simmel, dazu stilistische und formale Anleihen bei Böll, versehe es mit drastisch geschilderten Bettszenen, und fertig ist der Gebrauchsroman der achtziger Jahre, dem zum Abschluß noch der Anstrich des gesellschaftskritischen Zeitbildes verliehen wird.Zwischen Bett und Bar klettert Christa die Karriereleiter hinauf. Sie hat es von der Putzfrau bis zur Firmenteilhaberin gebracht. Aber da war noch Georg, Theaterregisseur und frauenverbrauchender Macho, der ihre Liebe mißbraucht hatte. Rache muß sein. Christa sucht ihn in München bei einer Premierenfeier heim und
Das Motiv der gegensätzlichen Brüder ist alt. Edgar und Georg sind zwar Cousins, aber ihre Charaktere sind so unterschiedlich, wie man es für eine vielversprechende Ausgangskonstellation nur wünschen kann.Wer jedoch auf dramatische Konflikte hofft, wird vergeblich warten: Behutsam wird die Geschichte einer gemeinsamen Jugend im Fürstentum Liechtenstein aufgerollt, schlicht und anspruchslos, indirekt werden die Charaktere der beiden Heranwachsenden aus der Sicht des zurückhaltenden, langsameren Georg entwickelt, der den streitlustigen, immer rasch entschlossenen Edgar heimlich
Märchenprinzen sind gefragt wie eh und je. Jenes Interesse, das heute Charles und Diana auf sich ziehen, galt im 19. Jahrhundert besonders zwei Herrscherpersönlichkeiten: Kaiserin Elisabeth von Österreich und König Ludwig II. von Bayern. Ist bei ihr das Leben geheimnisumwittert, so sind bei ihm die Todesumstände Anlaß zu Spekulationen.Am 13. Juni 1886 ertrank Ludwig gemeinsam mit seinem Psychiater Dr. von Gudden im Starnberger See.War es ein von Preußen veran-laßtes Attentat oder ein von Kaiserin Elisabeth unterstützter mißglückter Fluchtversuch? Ins Reich der Legenden werden solche