Die Klage ist alt. Schon bei den Griechen konnte man sie lesen: Die junge Generation interessiere sich nicht für Traditionen, zeige keinen Bespekt vor dem Alter, verweigere das Wissen um Vergangenheit.Die Jungen zucken auf solche Vorhalte meist mit den Schultern. Jung sein bedeutet, die Welt neu erfinden zu wollen'. Sie verweisen -oft zurecht - auf die repressive Art, mit der Bespekt und Kenntnis gefordert werden, auf das Starre und Lebensfeindliche alter Gewohnheiten. Dahinter steht der alte Kampf zwischen Traditionalismus und Moderne, zwischen Noch-Nicht und Nicht-Me'hr, die Diskussion um
Auch wenn es kaum jemand gern hört: Die Zukunft nicht nur Europas hängt davon ab, daß wir teilen lernen. Nun kann nur jemand teilen, der etwas hat. Also legen wir zurecht Augenmerk darauf, daß die Wirtschaft floriert und andererseits die Arbeitenden auch etwas davon haben, sonst fallen sie als Käuferschicht aus.Das hat eine Zeitlang in unseren Breiten mehr oder weniger gut funktioniert. In letzter Zeit mehren sich jedoch die Zeichen, daß dieser „Pakt” der Vernunft nicht mehr gefragt sein könnte. Europa, das als einziger Kontinent den sozialen Gedanken zum politischen Auftrag erhoben
Ende September wird es österreichweit Bosnientage geben. Ein kleines Land, durch den Krieg bekannt geworden, stellt sich als das vor, was es war und was es sein könnte: Es zeigt seine Kultur. Wahlen stehen bevor, beides Anzeichen für die Rückkehr in die Normalität des Friedens. Aber der Krieg ist damit als Thema noch nicht erledigt. Er ist es auf der politischen Ebene nicht und ganz gewiß auf lange Zeit nicht in den Psychen der Menschen. Wer erwartet, daß ein unterzeichnetes Friedensabkommen auch schon den ersehnten Frieden schafft, gibt sich einer Illusion hin. Krieg, als die totalste
Fragte man ihn um Rat, was viele taten, erzählte er als Antwort nicht selten eine Anekdote. Die kurze, pointierte Form war in besonderem Maß die seine. In Anekdoten erklärte er sich und anderen Welt und Menschen, sie kamen seinem Intellekt und seiner Ungeduld entgegen. Hans Weigel war ein Ungeduldiger, der nicht warten ließ und nie warten wollte, ein Pünktlichkeitsfanatiker, ein Sprachfanatiker. Nichts quälte ihn mehr als ungenaue oder langatmige Reden - außer das Umfunktionieren von Kaffeehäusern zu Bankfilialen, die schlechte Behandlung von Lyrik, Tierquälerei, die Verfolgung von
Wenn man weiß, wozu der Mensch im Bösen wie im Guten fähig ist, weiß man auch, daß es nicht darum geht, die menschliche Person zu beschützen, sondern die Möglichkeiten, die sie in sich schließt, das heißt letzten Endes ihre Freiheit": Unerwartet in seiner Plötzlichkeit, herausfordernd, aber auch beängstigend ist dieser Satz von Albert Camus im alten „Ost-Mitteleuropa" zur politischen Wirklichkeit gelangt.Es geht wieder um Freiheit - nicht um die hohl gewordene Metapher für Gleichgültigkeit, sondern um die schwierige, mühevolle, lebendige Freiheit, die ihren Preis
Kein Individuum hat die Freiheit, die Natur völlig unparteiisch zu beschreiben. Es bewegt sich innerhalb eines bestimmten Sprachsystems, was automatisch eine bestimmte Interpretation der Welt nach sich zieht. Geschärftes Sprachbewußtsein bedeutet daher ein zutreffenderes, weil vielfältigeres Erfassen des Lebens und seiner Probleme.Im Alltagsgebrauch ahnt man nichts davon. Uber Sprache wird nicht nachgedacht, wir „benützen" sie selbstverständlich und unreflektiert. Erst beim Erlernen einer Fremdsprache dämmert das Rätselhafte, das Unausdeutbare auf.Auf der Suche nach „wie sagt man",
Die Geistesgeschichte Europas ist eine Geschichte zunehmender Spaltungen. Da Sein, dort Nichtsein, da Geist, dort Materie, da Mensch, dort Natur. Seit Europa dem Atom, dem Unteilbaren nachjagt, betreibt es paradoxerweise die Teilung des Ganzen. Solcherart wird alles zur Fiktion.Die Versuche, aus diesem Dilemma einen Ausweg zu zeigen, fanden und finden nach wie vor in Wien statt. Mit der Vergabe des Donaulandpreises an Rupert Riedl, Vorstand des Zoologischen Institutes der Universität Wien, wird ein Wissenschaftler geehrt, der auf dem Gebiet der Biologie jene Wiener Tradition integrati-ven
Als er sie fand, atmete sie nicht mehr. Ihre Haut war noch warm. Er zag ihren Körper aus dem Auto — er hinig isobiaff in seinen Händen — und legte ihn auf dem Betonboden nieder. Draußen schien die Sonne. Am Horizont, wo der Fluß nach Norden führte, bogen sich die Pappeln. Er drehte ihren Körper auf den Rük-ken.Die erlernten, eingeübten Handgriffe.' Hilfsmaßnahmen bei unvorhergesehenen Unglücksfällen'. Mund-zu-Mund-Beatmung. Die Nase zuhauten und in den geöffneten Mund Luft einpressen. Dazwischen den Brustkorb rhythmisch niederdrücken. Das Ganze zehnmal pro Minute.Schatten am
Es ist nichts Besonderes. Es geht sicher wieder vorbei. An manchen Tagen ist es auch so gut wie gar nicht. An manchen Tagen bleibt die Uhr nicht stehen. Nur an manchen Tagen bleibt es.Es hat mit dem Wetter nichts zu tun. Man könnte meinen, der Föhn machte mir zu schaffen, aber das entspricht nicht der Tatsache. Der Föhn ist unbeteiligt. Ich liebe das Wetter der Bestellfarben. Die Schatten ziehen ihre Grenzen nicht mit dem Messer, alles ist eingeebnet. Auch die Gewitter haben mir nichts an. An manchen Tagen allerdings — einer hebt die Hand, einer spricht, einer sieht... Es ist nichts
Der Prophet gilt nichts im eigenen Land, sagt man. Man sagt es nicht nur, es scheint Tatsache. Denn wieder einmal erreicht uns aus dem Ausland, und noch dazu aus zweiter Hand, was hierzulande schon längst eigene Erfahrung sein könnte. Es ist der Versuch Joseph B. Fabrys von der kalifornischen Universität in Berkley, in seinem nun deutsch vorliegenden Buch „Das Ringen um Sinn“, Viktor E. Frankl und die Logotherapie dem Laien nahezubringen.So wie Freud seinen unvergleichlichen Siegeszug zu einem nicht unbeträchtlichen Teü dem amerikanischen Engagement, allerdings auch den amerikanischen
Im Jahre 1927 wurde ein junger Psychiater auf Alfred Adlers persönlichen Wunsch aus der Gesellschaft für Individualpsycho-logie ausgeschlossen, weil er begonnen hatte, als Grundlage seiner zukünftigen Therapie ein Menschenbild zu entwerfen, das sich nicht mehr mit den bis dahin herrschenden Vorstellungen vom Wesen des Menschen zur Deckung bringen ließ. Der Mann hieß Viktor Frankl, Jahrgang 1905, geboren in Wien, Arzt und Philosoph, Schöpfer der Logotherapie, der Psychotherapie vom Geist her, begeisterter und erfolgreicher Bergsteiger, Organisator der ersten Jugendberatungsstellen im Wien der zwanziger Jahre, später Häftling in Theresienstadt, Auschwitz, Dachau-Kaufering und Dachau-Türkheim, Autor von 20 Büchern mit Millionenauflagen, seit 1955 Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien, seit 1970 Professor für Logotherapie an der International University in San Diego (Kalifornien); verheiratet, Vater einer Tochter, zweifacher Großvater.
Es war einmal ein König, der hatte eine wunderschöne Tochter. Die Tochter war nicht nur schön, doch wurde über ihre anderen Eigenschalten nicht gesprochen. Audi der König war im gemeinen Volk nur als König, allenfalls noch als der Vater der wunderschönen Tochter bekannt.Eines Tages nun, so war ?s sein Wunsch, sollte sich die Tochter verehelichen. Da sie nichts dagegen einzuwenden hatte — zumindest ist Gegenteiliges nicht bekannt —, sandte er alsbald Herolde in alle Teile des Landes, die die jungen und alles in allem wehrfähigen Männer nicht zum Wehrdienst verpflichten sollten