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Wie sozial ist Europa?
Auch wenn es kaum jemand gern hört: Die Zukunft nicht nur Europas hängt davon ab, daß wir teilen lernen. Nun kann nur jemand teilen, der etwas hat. Also legen wir zurecht Augenmerk darauf, daß die Wirtschaft floriert und andererseits die Arbeitenden auch etwas davon haben, sonst fallen sie als Käuferschicht aus.
Das hat eine Zeitlang in unseren Breiten mehr oder weniger gut funktioniert. In letzter Zeit mehren sich jedoch die Zeichen, daß dieser „Pakt” der Vernunft nicht mehr gefragt sein könnte. Europa, das als einziger Kontinent den sozialen Gedanken zum politischen Auftrag erhoben hat, droht sein Bestes preiszugeben. Beispiel zuletzt: Traiskirchen.
Eigentlich erstaunlich, wie ruhig die Aussagen des Konzernchefs hingenommen wurden. „Um das Ganze nicht zu gefährden ...”, hieß es, und niemand hat gefragt, was mit dem Ganzen gemeint sei. Das Wohlbefinden des Konzerns, das Florieren einer Begion, Arbeitsplatzsicherung oder die Höhe der Gewinne? Man sei „den Aktionären gegenüber verantwortlich”, hieß es weiter. - Wie bitte? Man ist nicht in erster Linie den Arbeitenden gegenüber verantwortlich, sondern denen, die an sich schon mehr haben?
Klar, daß man für das, was man hergibt, auch etwas bekommen will. Unsere Gesellschaft ist eine des Tausches. Die Frage ist nur, wie gerecht dieser Tausch abläuft. Gerecht aber ist ein Begriff ethischer Dimension. Und damit kann sein Inhalt nicht ausschließlich an Politiker und Konzernchefs delegiert werden. Gefragt sind trotz Ütopienangst und Denunzierung des Begriffes sozial durch den Zusammenbruch des Marxismus realpolitisch vollziehbare soziale Utopien. Und sie sind von uns allen zu entwerfen und zu leben.
Der Marxismus hat gezeigt, wie es nicht geht. Viele, die ihn erlebt haben, sagen, er sei des Teufels gewesen. Wirtschaft ohne soziale Ideen, die sich ausschließlich an Gewinnen orientiert, ist ebenso und darüber hinaus kurzsichtig dumm. Das sollten wir rasch begreifen, ehe ein weiterer Zusammenbruch den Beweis dafür liefert.
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