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Gezielte Entspannung

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Biofeedback ist eine in der klinischen Psychologie, Psychotherapie und in der Medizin etablierte Methode, die durch Rückmeldung („Feedback") Veränderungen im eigenen Körper wahrnimmt und über einen Computerbildschirm oder über Lautsprecher erfahrbar macht. Die Anwender dieser Methode belegen ihre Wirksamkeit laufend durch Studien und Forschungsarbeiten.

Die Methode - zunächst im Tierversuch erforscht - kam in den siebziger Jähren aus den USA nach Europa und wird seither zur Behandlung einer ganzen Reihe von Erkrankungen angewandt. Dabei werden Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Muskelspannung oder Durchblutung mit geeigneten Geräten gemessen. Da diese Körperfunktionen normalerweise unbewußt stattfinden, lernt der Patient durch das Sichtbarmachen am Rildschirm, diese Funktionen willentlich unter Kontrolle zu bringen.

Welche Erkrankungen können mit Biofeeedback behandelt werden?

■ Rückenschmerzen. Der Patient sieht die Veränderungen der Muskelspannung in Form eines Raikens am Bildschirm. Die Verspannung wird vom Schulterbereich oder unteren Rücken mittels Elektroden gemessen. Das Feedback hilft, diese Spannung wahrzunehmen und bewußt zu reduzieren.

Nimmt die Spannung zu, wird der Balken am Bildschirm größer, löst sie sich, wird der Balken kleiner. Der Patient lernt, die Muskulatur, die für Schmerzen verantwortlich ist, zu entspannen. Die Vorgangsweise soll auch im Alltag angewendet werden, um die Schmerzen zu reduzieren. Überhaupt ist die aktive Mitarbeit der Betroffenen wesentlich.

Mittel gegen Migräne

■ Migräneanfälle gehen meist mit einer erhöhten Durchblutung der Schläfenarterie einher. Anliegen des Trainings ist daher die gezielte Verringerung dieser Mehrdurchblutung, um so den Migräneanfall „abzufangen." Beim Biofeedback wird die Durchblutung der Arterie mit Hilfe eines Sensors gemessen und in Form von Kreisringen am Bildschirm rückgemeldet. Der Patient sieht dort, wie er durch das Ausprobieren verschiedener Strategien, die Durchblutung seiner Schläfenarterie verringern kann. Die sofortige Rückmeldung am Rildschirm macht den Erfolg der Remühungen auch optisch sichtbar. Sobald man eine Kontrolle über die Durchblutung der Arterie erlernt hat, sollte man auch in der Lage sein, die Schmerzen zu reduzieren.

Um eine Migräne erst gar nicht entstehen zu lassen, gibt es ein „Handerwärmungstraining", das mit Hilfe eines Temperatursensors am Ringfinger die Durchblutung mißt und Veränderungen am Rildschirm anzeigt. Je wärmer die Hand, desto besser ist die Durchblutung und damit die Entspannung. Streß, oft die Ursache von Migräneanfällen, wird als Körperprozeß meist sehr ungenau wahrgenommen. Eine sichtbare Rückmeldung erleichtert die Kontrolle und kann zur Vorbeugung und beim Abfangen eines Anfalls hilfreich sein.

■ Rluthochdruck. Die Biofeedback-Therapie versucht einerseits die Verringerung des peripheren Widerstandes durch willkürliche Erhöhung der Durchblutung (Handerwärmungstraining), andererseits wird eine Entspannung des Herz-Kreislauf-Systems mit entspannter Atmung und Pulsfrequenzsenkung angestrebt. Farbkreise am Rildschirm (von dunkelblau bis dunkelrot) zeigen an, wie sich die Handtemperatur verändert. Je wärmer die Hand, desto besser ist die Durchblutung und damit auch die Entspannung. So lernt der Patient, wie er Kontrolle über die Durchblutung seiner Blutgefäße bekommen und eine Senkung des Blutdrucks erreichen kann. Auch bestimmte Atem-techniken helfen bei der Entspannung des Herz-Kreislauf-Systems.

Streßmanagement

■ Streß ist immer von physiologischen Veränderungen begleitet. Die Muskeln spannen an, die Herzfrequenz und der Blutdruck steigen, die Atmung wird rascher und flacher, die Hände schwitzen und werden kalt. Werden diese physiologischen Reaktionen chronisch, so kann dies zu Kopfschmerzen, Verspannungen oder Rluthochdruck führen. In der Be-handlung lernt der Patient seine Atmung tiefer und betonter einzusetzen, um Körper und Geist zu beruhigen. Das Feedback am Rildschirm hilft, den richtigen Rhythmus zu finden.

■ Spannungskopfschmerz. Auch hier ist das Ziel der Therapie die Verringerung der Muskelspannung in Nacken oder Stirn. Elektroden an der Stirn und im Nacken zeigen die Muskelspannung in Form einer Linie am Bildschirm an.

Joachim Maly, Psychologe und Neurologe sowie Assistent am Wiener Allgemeinen Krankenhaus: „Wir behandeln Kopfschmerzpatienten in unserer Ambulanz in zehn Sitzungen kostenlos. Das Geld hierfür kommt aus dem Forschungsetat. Jeder Patient, der zu uns kommt, muß natürlich einen medizinischen „Check-up" hinter sich haben, bevor wir mit dieser Methode zu arbeiten beginnen. Die meisten Schmerzsymptome wie Migräne, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, aber auch Angststörungen oder Inkontinenz können in acht bis zwölf Sitzungen behandelt werden. Bluthochdruck oder Asthma brauchen zehn bis 20 Sitzungen, bis eine spürbare Veränderung eintritt.

Bei neurologischen Störungen oder Lähmungen sind mindestens 20 Sitzungen erforderlich."

Außer in jenen 20 Spitälern in Osterreich, in denen die Behandlung in den Ambulanzen kostenlos durchgeführt wird, bieten auch niedergelassene Ärzte und Therapeuten Biofeedback an. Bei einem niedergelassenen Therapeuten kostet eine Sitzung zwischen 400 und 1.200 Schilling. Die Krankenkassen übernehmen einen Teil der Behandlungskosten.

Nähere Informationen:

Osterreichische Gesellschaß für Biofeedback und Psychophysiologie Wagramer Straße 102f2fS 1220 Wien

Tel und Fax: 0222-202 5 202

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