Mißbrauch kann fatale Folgen haben

19451960198020002020

Kaum jemand leidet nicht hin und wieder unter Kopfschmerzen. Viel zu häufig greifen Betroffene jedoch ohne ärztliche Beratung zu Schmerzmittel.

19451960198020002020

Kaum jemand leidet nicht hin und wieder unter Kopfschmerzen. Viel zu häufig greifen Betroffene jedoch ohne ärztliche Beratung zu Schmerzmittel.

Werbung
Werbung
Werbung

Im Frühling erwachen die Lebensgeister. Viele Menschen leiden aber gerade in dieser Jahreszeit auf Grund von Temperaturschwankungen unter Kopfschmerzen. Wetterfühligkeit ist nur eine von zahlreichen Ursachen für Kopfschmerzen. Viel zu häufig greifen Betroffene dabei ohne ärztliche Beratung zu Schmerzmittel, warnen die beiden Kopfschmerz-Experten Universitätsprofessor Dieter Klingler, Vorstand der Neurologischen Abteilung des Krankenhauses Linz und Christian Lampl, Leiter der Linzer Kopfschmerzambulanz.

85 Prozent des gesamten Schmerzmittelverbrauches gehen auf das Konto von Kopfschmerzen. "78 Prozent der österreichischen Bevölkerung leiden zeitweilig an Spannungskopfschmerzen", bestätigt Klingler. "Er kann durch übermäßige körperliche oder geistige Anstrengung oder durch Alkoholkonsum ausgelöst werden", erklärt Lampl. Im Unterschied zum Migränekopfschmerz ist der Spannungskopfschmerz dumpf, nicht pulsierend und zeigt keine Verstärkung durch Bewegung und Aktivität.

Zwölf Prozent sind regelmäßigen Migräneattacken ausgesetzt, wobei Frauen häufiger an Migräne leiden als Männer. "Migräne ist eine organische Erkrankung des Gehirns, die zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar ist", meint Klingler .

Bei Migräne kommt es zu einer Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn mit anschließender Entzündung. Vorbote eines Migräneanfalls ist meist die "Aura", die sich innerhalb von Minuten entwickelt und in der Regel 15 bis 20 Minuten dauert. Dabei kann es zu Sehstörungen, halbseitigen Lähmungserscheinungen, Gefühls- und Sprachstörungen kommen. Die Kopfschmerzen sind bei Migräne häufig von Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmüberempfindlichkeit begleitet.

Migränemanagement "Dringend abzuraten ist bei Migräne von der Selbstmedikation", betont Klingler. Bei gewissen Medikamenten kann, auf Dauer eingenommen, die Wirkung nachlassen. Die Patienten erhöhen dann oft die Dosis, was verheerende Folgen haben kann, vor allem bei Mittel, die mehrere Wirkstoffe enthalten: "Geschätzte sieben bis zehn Prozent der Patienten mit Schmerzmittel-Abusus (Mißbrauch, Anm. d. Red.) werden dialysepflichtig", warnt der Mediziner. "Wenn schon Selbstmedikation, dann vorzugsweise Monopräparate verwenden," so der Rat des Arztes.

Wichtig ist, mögliche Auslöser von Attacken zu vermeiden. "Aus Erfahrung wissen wir, daß das Erkennen der eigenen, speziellen Migräneauslöser und ihre Vermeidung die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern kann", so Lampl. Auslöser können sein: * Falsche Ernährungsgewohnheiten: Alkohol, speziell Rotwein, aber auch Nahrungsmittel wie etwa gepöckeltes Fleisch, geräucherter Fisch, Fertiggerichte, Trockensuppengemische, Innereien - insbesondere Hühnerleber, reifer Käse, Schimmelkäse, Schokolade, Zitrusfrüchte und geröstete Nüsse; * Psychische und physische Belastungen wie Streß, Ärger, Angst, Wut, Depression und angespanntes Zuhören; * Grelles Licht, spiegelnde Flächen, Lärm, aber auch Zigarettenrauch, Parfumgeruch und Abgase; * Daneben können verschiedene Medikamente, etwa solche gegen Bluthochdruck und die Antibabypille, eine Migräneattacke begünstigen.

Für die Lebensqualität entscheidend, so die Mediziner, ist ein erfolgreiches Migränemanagemet, das mehrere Behandlungsmethoden einschließt. Dabei beobachten Arzt und Patient über einen längeren Zeitraum Stärke, Dauer und Auslöser der Attacken. "Je besser dieses Management funktioniert, desto weniger Medikamente wird der Betroffene benötigen", so Lampl.

Neben Migräne und Spannungskopfschmerz gibt es auch Kopfschmerzen, die ohne erkennbare Ursache auftreten. "Die kürzeren - 15 Minuten bis drei Stunden dauernden und häufig wiederkehrenden - Attacken sind vor allem im Bereich von Stirn, Augenhöhle, Schläfe und Oberkiefer lokalisiert", beschreibt Lampl diese äußerst heftigen Clusterkopfschmerzen. Sie sind oft von Rötungen und Schwellungen des Auges auf der Kopfschmerzseite sowie Rinnen der Nase begleitet sind.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung