Der Abschied von Reinhold Stecher

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Requiem im Dom zu Innsbruck, 2. Februar 2013. Selbst im Tod öffnet Bischof Reinhold Stecher noch einmal die Augen und Herzen derer, die ihm die letzte irdische Ehre erweisen.

Die weißen Mitren der Bischöfe, sonst oft schon belächelt, erinnern heute an die Gipfel schneebedeckter Berge, die Wege sein können zu Gott. Die Stutzen der den Sarg flankierenden Schützen beschwören, wie die vom Feuer der Freiheitskriege halb verzehrte Landesstandarte, in diesem Umfeld nicht Heldentode, sondern nur Leiden, Mitleiden und Überwinden. Die Fahne seiner CV-Verbindung lässt niemanden an Freunderlwirtschaft denken, sondern an die Freundschaft, die den Bischof mit Gleich- und Andersgesinnten verband. Das Lied vom guten Kameraden hat nichts Sentimentales mehr, seit es Stecher zu Schubert, Lenau und Eichendorff emporhob.

Den Rosenkranz beteten schon am Vorabend und dann wieder beim Kondukt durch die Innsbrucker Altstadt auch Hunderte Männer mit: Stecher hatte Wegstrecken zu Wallfahrtsorten nicht in Kilometern, sondern in Rosenkränzen berechnet. Bei theologischen Zitaten wird man künftig an ihn denken, der nach einer klugen Kinderantwort im Religionsunterricht Richtung Himmel flüsterte: "Hast du das gehört, Thomas von Aquin?“ Sicher hat Gott gehört, wie die zelebrierenden Bischöfe beim Totenamt Jesu Blut "für alle“ vergossen sein ließen, nicht nur für "viele“, wie der Papst es gern hätte.

Der Prediger, Schreiber und Maler Stecher war in der ganzen Weite des Glaubens daheim. Vor wenigen Wochen freute er sich noch, dass erneut eines seiner Aquarelle um 16.000 Euro versteigert worden war: "Das sind wieder zwei Tiefbrunnen in der Wüste von Mali.“ Auch dort, wo jetzt wieder Blut fließt, hat der Bischof Zeichen des Lebens gesetzt. Von Alexandre Dumas ist das Wort überliefert: "Jeder stirbt, woran er gelebt hat.“ Bei Reinhold Stecher war es das Herz.

* Der Autor ist freier Publizist und ehem. FURCHE-Chefredakteur

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