Ein englischer Bestseller seit 400 Jahren

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Die englischsprachige King-James-Bibel feiert heuer ihren 400. Geburtstag. Trotz ihrer alten Sprache erfreut sie sich bis heute einer großen Leserschar.

Anlässlich ihrer Thronbesteigung im Jahr 1953 macht Queen Elizabeth II. allen Babys, die in diesem Jahr geboren wurden, ein ganz besonderes Geschenk: Ein Exemplar der "Authorized Version“ der King-James-Bibel wurde den neugeborenen Kinder zugesandt. 2011 feiert diese englischsprachige Bibelübersetzung ihren 400. Geburtstag.

Es war King James I. (König Jakob I. von England), der 1604 eine neue Übersetzung der Schriften des Alten und des Neuen Testaments ins Englische in Auftrag gab. Zwar existierten bereits mehrere unterschiedliche Versionen der Bibel auf Englisch, doch gerade mit der damals sehr populären "Geneva Bible“, verfasst von englischen Presbyterianern, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Genf flüchten mussten, war der König äußerst unzufrieden. Beeinflusst von Johannes Calvin war diese Übersetzung den Idealen der schweizerischen Reformation verpflichtet: anstelle von Kirche wurde das entsprechende griechische Worte mit Gemeinde übersetzt, das Wort Bischof wurde so gut wie möglich vermieden.

Das ging James I. zu weit und so ließ er die griechischen und hebräischen Grundtexte neu übersetzen. Jedoch nicht, ohne bestimmte Vorgaben zu machen: Die Übersetzung sollte die Ekklesiologie und die Einstellungen der Church of England zum Bischofsamt und zur Monarchie widerspiegeln. "Der König sah in dieser Bibelübersetzung eine Absicherung der Monarchie. Dass der König von Gott eingesetzt wird (divine right of kings) ist eine Absicht der King-James-Bibel, Heute wird diese Übersetzung von republikanisch gesinnten Amerikanern oft als die Bibel schlechthin gepriesen“, erklärt Patrick Curran, Pfarrer der anglikanischen Gemeinde in Wien.

Poetische Qualität des Textes

1611 war es soweit: die "Authorized King James Version“ konnte präsentiert und publiziert werden. "Die Übersetzung der Bibel ins Englische, wie wir sie in der King-James-Bibel vorfinden, ist eine Kooperation der besten Gelehrten Englands des frühen 17. Jahrhunderts“, erklärt Franz-Karl Wöhrer, Wissenschaftler am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Wien. "King James und seine Berater wählten ein Kollektiv von ursprünglich 54, später 47 Theologie-, Philologie- und Rhetorikprofessoren der Universitäten Cambridge und Oxford sowie Würdenträger der anglikanischen Kirche aus, welche die Übersetzung mit höchster Akribie und Sorgfalt durchführten.“ Dabei achteten sie nicht nur auf die Wahl der Worte, sondern auch auf die poetische Qualität des Textes.

Die Schönheit und Kraft der King-James-Bibel wird auch heute noch von vielen englischsprachigen Christinnen und Christen geschätzt: "Obwohl die Sprache alt ist und die Bibel vor vierhundert Jahren übersetzt wurde, ist die Sprache nach wie vor wunderschön, erhaben und in gewisser Hinsicht zeitlos“, schwärmt die in Österreich lebende Engländerin Rosalind Shakespear, ehrenamtliche Mitarbeitern der anglikanischen Pfarre in Wien. Obwohl sie auch andere englische Bibelversionen kennt, würde sie immer wieder auf diese traditionsreiche englische Bibel zurückgreifen. "Ich bekam meine erste King-James-Bibel mit zehn oder elf Jahren, deswegen ist mir der Text sehr vertraut. Ich denke, dass es vielen Menschen so geht. Würde man beispielsweise die Weihnachtsgeschichte in der Kirche nicht aus der King-James-Bibel vorlesen, würden viele Gottesdienstbesucher enttäuscht nach Hause gehen“, erklärt Shakespear.

Pfarrer Patrick Curran hat sich während seiner Ausbildung zum Priester erstmals intensiv mit der King-James-Version auseinandergesetzt. "Ich verwende sehr oft unterschiedliche englische Übersetzungen der Bibel, je nachdem für welche Gemeinde ich einen Gottesdienst vorzubereiten habe.“ Die Sprache der King-James-Bibel sei zwar sehr schön, jedoch nicht für alle Gottesdienstbesucher einfach zugänglich, erklärt Curran. Das liege auch daran, dass es nicht einfach sei, den Text im Gottesdienst so rüberzubringen, dass die Kernbotschaft bei den Zuhörern ankommt. Die Auffassung der Anhänger der US-amerikanischen "King James Bible Only Movement“, welche die King-James-Bibel als göttlich inspirierten Text ansehen, teilt Curran nicht: "Das ist zu kurz gefasst. Die Übersetzer der Bibel waren natürlich gläubige Christen, aber sie mussten bevor sie zu übersetzen begannen, verschiedene Richtlinien aufstellen. Sie mussten Entscheidungen für und gegen eine bestimmet Übersetzung treffen. Noch dazu wenn man bedenkt, dass rund 80 Prozent des Textes von der etwas älteren Tyndale-Übersetzung übernommen wurden.“

Nichts an Bedeutung verloren

Obwohl Pfarrer Patrick Curran gerne zu alternativen Bibelübersetzungen zurückgreift, ist er froh, dass es eine autorisierte Bibelversion gibt. "Durch die unterschiedlichen Übersetzungen ist uns leider abhanden gekommen, dass wir alle ein und denselben Bibeltext lesen. Früher konnte man sich gegenseitig Zitate aus der Bibel zusprechen, heute ist das so nicht mehr möglich. Für jedes Bibelwort gibt es mehrere unterschiedliche englische Versionen.“

Wie wichtig Queen Elizabeth II. die King-James-Bibel ist, stellte sie nicht nur 1953 unter Beweis. Sie widmete ihr auch einen Großteil ihrer Weihnachtsansprache 2011. Der Text habe nichts an seiner Bedeutung verloren. Auch heute noch gelte das Gebot der Nächstenliebe und dass "nichts befriedigender sei, als das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, die bestimmt ist, einander zu helfen“.

Die King-James-Bibel

Vortragsreihe, Christ Church Vienna, wtl. von 13. 5. bis 14. 6., 19-20.30 Uhr, 1030 Wien, Salesianergasse 24 www.christchurchvienna.org

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