Einer, der mutig neue Wege ging

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Das Wiener Volkstheater erinnert mit einer Ausstellung an seinen einstigen Chef Leon Epp.

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Das Wiener Volkstheater erinnert mit einer Ausstellung an seinen einstigen Chef Leon Epp.

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Als Leon Epp (1905-1968) das Wiener Volkstheater leitete, verlieh Ernst Lothar dem Haus am Weghuberpark den Titel "das tapferste Theater von Wien". War Epp schon im Vorjahr zum 30. Todestag eine Gedächtnisausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien gewidmet, so wird nun mit einer Schau im Pausenbereich des Volkstheaters an ihn erinnert. Nicht hinter, sondern neben diesem großen Theatermann stand auch eine große Theaterfrau, die seit 1936 mit ihm verheiratete Schauspielerin Elisabeth Epp, die kürzlich im "Treffpunkt Kultur" des ORF auftrat und ihrem Mann 1974 mit dem Buch "Glück auf einer Insel - Leon Epp. Leben und Arbeit" ein Denkmal setzte.

Die "Insel" war jenes kleine Wiener Theater, das der gebürtige Wiener Leon Epp, der seine Bühnenausbildung in einem Jahrgang mit Paula Wessely und Hans Jaray begann, von 1945 bis 1951 leitete. Spielplan und Ensemble verschafften dieser Bühne einen bedeutenden künstlerischen Ruf, aber letztlich zu wenige Einnahmen. "Es muß gewagt werden!" war dennoch Epps Devise, die der nun angelaufenen Ausstellung den Titel gab. Obwohl die "Insel"-Zeit im Ausgleich endete und das "Metro"-Kino dort einzog, erhielt Epp 1952 seine "große Berufung", nämlich die zum Direktor des Wiener Volkstheaters, dessen Ensemble er erst mühsam, aber dann umso nachhaltiger für sich gewinnen konnte.

Worin lag nun die Bedeutung Epps während der 16jährigen Direktionszeit bis zu seinem Tod im Dezember 1968? Ulf Birbaumer, Professor für Theaterwissenschaft an der Universität Wien, hält nichts von mitunter gepflegten Legenden: "Epps Theater war auch nicht voller als andere dieser Zeit, und den Brecht-Boykott in Wien hat auch nicht er, sondern schon vorher die katholische Studentenbühne ,Die Arche' in der Ebendorferstraße durchbrochen. Seine besonderen Leistungen waren zwei: Er hat den Titel Volkstheater noch ernstgenommen und das Alt-Wiener Volksstück gepflegt, und er hat sich getraut, ganz neue Stücke und Autoren in den Spielplan zu nehmen und damit Skandale zu riskieren. Sein Theater war eines der Autoren und Stücke, weniger eines der Schauspieler."

Was nicht heißt, daß nicht damals auch am Volkstheater - wo allerdings nie ein Starkult üblich war - großartige Akteure wirkten oder sich entwickelten: etwa Dorothea Neff, Hilde Sochor, Dolores Schmidinger, Egon Jordan, Ernst Meister, Heinz Petters, Wolfgang Hübsch, um nur einige, die länger am Haus blieben, zu nennen. Viele, so zum Beispiel Fritz Muliar oder Kurt Sowinetz, wurden ja rasch an andere Bühnen engagiert.

Vor allem aber machten Leon Epps Spielpläne und Inszenierungen Eindruck. Sie spiegelten die Wiener Theaterliteratur eines Anzengruber oder Nestroy auf der einen und die damalige Avantgarde von Hochhuth bis Sartre und Genet auf der anderen Seite. Manche Inszenierungen jener Zeit, etwa Anzengrubers "Das vierte Gebot" oder Gustav Mankers Nestroy-Interpretationen, Hochhuths "Der Stellvertreter", Sartes "Schmutzige Hände", Genets "Balkon" oder Brechts "Mutter Courage", haben Theatergeschichte gemacht.

Neue Wege ging Epp auch bei der Programmheftgestaltung und bei Kostümen und Bühnenbildern, indem er dafür junge Graphiker und Künstler wie Hubert Aratym, Kurt Moldovan, Wolfgang Hutter und Georg Schmid heranzog. Durch das von ihm ins Leben gerufene "Volkstheater in den Außenbezirken", das Kultur in die Stadtrandsiedlungen trug, zeigte er, wie wichtig ihm der Bildungauftrag seines Theaters war.

Zumindest bis zu den Wiener Festwochen 1999 wird die Schau im Rauchsalon des Volkstheaters zu Vorstellungszeiten zugänglich sein.

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