Engel - gibt es die überhaupt?

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Die Bewohner der Stadt Salzburg halfen bei der Carl Philip von Maldeghems erstellten Bühnenfassung des Films "Der Himmel über Berlin" fleißig und mit großem Erfolg mit.

Ganz Salzburg hatte mitgeschrieben: Zur Vorbereitung seiner Bühnenfassung von Wim Wenders' und Peter Handkes Film "Der Himmel über Berlin" hatte Intendant und Regisseur Carl Philip von Maldeghem die Salzburgerinnen und Salzburger im Frühjahr 2010 eingeladen, Geschichten und Begebenheiten mitzuteilen, wie man sie im Alltagsleben der Stadt auf der Straße finden konnte. Es war das erste Mal, dass das Salzburger Landestheater auf diese Weise in die Stadt ging.

Kunststück der Kommunikation

Der Erfolg überraschte: 150 Beiträge kamen nach dem Aufruf zusammen, von denen von Maldeghem viele in Variationen in die Bühnenfassung einfließen ließ. Das war "Salzburg als Figur, nicht als Kulisse". Ein Kunststück auch der Kommunikation, die Stadt ins Theater herein zu ziehen. Dazu gibt es die Beiträge der Textboten als Buch, "Himmel über Salzburg".

Die Geschichte: Zwei Engel, Damiel und Cassiel, beide auf die Erde verbannt, wandeln als körperlose Wesen durch die Stadt und das Leben der Städter, nur den Kindern sichtbar. Aus vielen kleinen Szenen und Pantomimen, fast chaotisch aneinander gereiht, ergibt sich der Strang der Handlung. Damiel verliebt sich in die Zirkusartistin Marion, will Mensch werden, Stimme besitzen, um seine Gefühle ausdrücken zu können. Allerdings müsste er sein ewiges Leben gegen das endliche Dasein tauschen. Eine TV-Moderatorin, ein ehemaliger Engel, hilft Damiel bei diesem Unterfangen. Auch der alte Homer wandert durch das Stück und meint, das Leben habe den Erzähler verloren, man könne kein Epos des Friedens mehr anstimmen.

Es gibt aber doch viele Engel. Man kann die Rollen ja umdrehen, man muss nur die als Engel ansehen, die der Hilfe bedürfen, des freundlichen Blicks und des guten Wortes. Handke selbst erzählt aus seiner Salzburger Zeit solch eine Begebenheit mit einer alten Russin, die bei klirrender Kälte darauf wartet, dass ihr jemand mit ihrem schweren Sack über die Straße hälfe. So gesehen wäre die Welt voll von Engeln. Sie sind die Chancen, für andere Engel zu spielen oder zu sein.

Die Aufführung im Landestheater Salzburg prunkt mit einem in Österreich prominenten Namen: Chris Lohner als TV-Moderatorin. Und mit der Zirkusartistin Marion, Shantia Ullmann, die mit Ulf Kirschhofer für die Trapeznummer trainierte und als Laura Wingfield in Tennessee Williams' "Glasmenagerie" zu sehen ist. Die beiden Engel geben Christoph Wieschke als Damiel und Peter Marton als Cassiel. In dem personenreichen Stück sind dazu die Ensemblemitglieder in vielen Rollen engagiert. Die Bühne richtete Court Watson ein, die Kostüme entwarf Alois Dollhäubl.

Ein großer Ballett-Abend

Für den Ballett-Klassiker "Romeo und Julia" haben sich Ballett-Chef Peter Breuer und sein Dramaturg Andreas Geier etwas Ähnliches einfallen lassen. Die Handlung beginnt im Probensaal eines Balletts, Dirndl und Kopftuch treffen schon dort aufeinander. Zwei Menschen finden sich nur über den Blick, die Symbole für die verfeindeten Montagues und Capulets sind zwei Geschlechtertürme, die schlussendlich die Handlung bestimmen und mit Prokofjews Musik sich als Manifestation der Intoleranz der Menschen darstellen.

Die Julia tanzt Lilija Markina, den Romeo Daniel Asher Smith, beide von ihren Familien getrieben, der Einzelne steht gegen einen von Vorurteilen geprägten Clan. Es ist - beinahe ist man versucht zu sagen: wie üblich - ein großer Ballett-Abend geworden mit einer interessanten neuen Auffassung, die das Problem auch der Migration und Integration deutlich macht. "Der Himmel über Berlin" wie auch "Romeo und Julia" erfreuten sich zu Recht des entsprechenden Beifalls.

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