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Die Verantwortung des Unternehmers

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In Deutschland wurde in der Zeit vom 14. bis 21. September 1957 ein „Internationaler Kongreß für Formgebung“ abgehalten, dessen Organisation der „Rat für Formgebung“ in Darmstadt übernommen hatte. Auf den ersten Sitzungen in Darmstadt wurde vor allem das Thema der geeigneten Ausbildung von Formgebern und die Art und Weise der Verbindung einer gestalterischen Schulung mit dem herkömmlichen Berufstraining behandelt. Dann unternahmen die Kongreßteilnehmer eine Fahrt durch verschiedene Städte Westdeutschlands — Hannover, Essen usw. —, wobei Industriebetriebe, Schulen und Ausstellungen besichtigt wurden.

Der Abschluß des Kongresses fand in Berlin statt. Hier wurden die vielumstrittenen Fragen der Verantwortung des Unternehmers für die Formgebung und der Aufgabe des Händlers diskutiert. Es wurde mit Recht betont, daß der Unternehmer zuerst auf seinen Gewinn bedacht sein muß — daß dies aber keineswegs im Widerspruch zur Erzeugung einwandfrei gestalteter Produkte stehen muß.

Ein sehr wesentlicher Punkt in diesem Fragenkomplex ist der Einfluß der Mode auf die industrielle Produktion. Die Aufgabe des Formgebers ist es, gute, möglichst zeitlose Formen zu schaffen. Nun arbeiten aber manche Industrien

— besonders in Amerika, wo der übersättigte Markt derartige stimuli braucht — bewußt mit der „künstlichen Veralterung“, d. h. ein Modell wird absichtlich dem Tagesgeschmack angepaßt, um zu erreichen, daß es der Käufer nach kurzer Zeit gegen ein „moderneres“ eintauscht. Auf diese Weise schafft man synthetisch höhere Absätze. Abgesehen davon, daß in Europa solche Spekulationen auf vielen Gebieten wegen der damit verbundenen Investitionskosten unrentabel sind, ist es heute schon durch viele Beispiele — und auf dem Kongreß wurden sehr überzeugende von Industriellen angeführt — bewiesen, daß sich die Investitionen für gute Form ebenso amortisieren. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg ist das Verständnis und die Zusammenarbeit der Händler, die den eigentlichen Kontakt zum Konsumenten haben.

Letzten Endes ist die gute Form aber eine Sache der Haltung des Unternehmers, der entscheiden kann, wie bei ihm produziert wird und in seinem eigenen Interesse die richtige Formgebung beeinflussen kann. Für Oesterreichs Unternehmerschaft aber sollte die durch diesen Kongreß so deutlich bewiesene Tatsache, daß man überall in der Welt so viel Zeit, Mühe und Geld auf die Förderung der Formgebung verwendet, eine ernste Mahnung sein: Was die 200 dort versammelten Industriellen, Entwerfer, Architekten und Vertreter öffentlicher Institutionen als selbstverständliche Notwendigkeit ansehen, muß endlich auch bei uns in seiner Bedeutung erkannt werden, wenn unsere Erzeugnisse den Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt erfolgreich bestehen sollen.

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