Parlament ringt um Würde

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Eigentlich hätte die Frist für Stellungnahmen schon am 15. September verstreichen sollen. Doch nun wurde sie bis 31. Jänner 2015 verlängert. Bis dahin hat die Zivilgesellschaft nun also Zeit, sich am Diskussionsprozess um "Würde am Ende des Lebens" zu beteiligen - und der 18-köpfigen Enquete-Kommission unter Obfrau Gertrude Aubauer (ÖVP) zweckdienliche Hinweise zu liefern.

604 haben das bereits getan - und die Tendenz der öffentlich gemachten Stellungnahmen ist vorerst eindeutig (vgl. www.parlament.gv.at): Die meisten Wortführer sind zwar für einen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sowie für einen Rechtsanspruch auf entsprechende Betreuung - aber gegen eine verfassungsrechtliche Verankerung des (bereits bestehenden) Verbots der "Tötung auf Verlangen" sowie eines sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben - also genau gegen jene Punkte, welche die ÖVP ins gemeinsame Regierungsprogramm reklamiert und zum eigentlichen Anlass für die Enquete genommen hat.

In der gemeinsamen Stellungnahme von "Hospiz Österreich","Caritas", "Österreichischem Rotem Kreuz","Vinzenz Gruppe" und "Österreichischer Palliativgesellschaft" liest sich das so:

Man spreche sich "klar und deutlich für die Beibehaltung der gegenwärtigen Gesetzeslage aus". Die tatsächlichen Probleme in Österreich seien "nicht im Fehlen einer verfassungsrechtlichen Grundlage zu verorten, sondern in der Tatsache, dass es einen großen Mangel an qualitativ hochwertigen Angeboten im Bereich der Palliativ- und Hospizversorgung gibt und diese vor allem nicht flächendeckend und leistbar zur Verfügung stehen", schreibt man - und warnt vor einer "stark emotional gesteuerten Anlassgesetzgebung".

Noch weiter geht die evangelische "Diakonie", die vor "falschen Alternativen" warnt: "Weder führt eine striktere rechtliche Ausgestaltung des Verbots der Tötung auf Verlangen automatisch zu einem besseren Ausbau des Hospiz- und Palliativwesens, noch entbindet der Ausbau von Hospiz- und Palliativversorgung von der gesellschaftlichen Debatte über Formen der aktiven Sterbehilfe." Das Verbot der Tötung auf Verlangen erfahre heute zudem "keine ungeteilte gesellschaftliche Zustimmung mehr" - und das Verfassungsrecht sei "kein geeignetes Mittel, um derartige weltanschauliche bzw. ethische Konflikte im demokratisch-pluralen politischen Gemeinwesen zu lösen."

Ganz anders die Stellungnahme von Gudrun Kugler von der Parlamentarischen Bürgerinitiative "An der Hand", die auch von der Österreichischen Bischofskonferenz unterstützt und von 21.100 Personen unterzeichnet wurde. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den Niederlanden und Belgien plädiert sie dafür, "den österreichischen Status Quo in den Verfassungsrang zu heben und damit vor vorschnellen Änderungen zu schützen."

Wie auch immer: Bis 31. Jänner ist noch Zeit für Stellungnahmen. Wer sich inhaltlich rüsten will, hat am 6. Oktober bei der öffentlichen Sitzung der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt (von 14 bis 18 Uhr) noch Gelegenheit. Ende Oktober ist dann die öffentliche Auftaktveranstaltung der Enquete-Kommission geplant. Bis Frühling 2015 soll sie fixieren, wohin punkto Würde am Lebensende die Reise geht.

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