begleiteter Suizid - © Foto: iStock / Pornpak Khunatorn

Suizidbeihilfe: Die große Angst vor der Übertherapie

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Warum der medizinische „Machbarkeitswahn“ ein wesentlicher Beweggrund für den Wunsch nach „Suizidbeihilfe“ ist. Erfahrungen und Wünsche einer Intensivmedizinerin.

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Warum der medizinische „Machbarkeitswahn“ ein wesentlicher Beweggrund für den Wunsch nach „Suizidbeihilfe“ ist. Erfahrungen und Wünsche einer Intensivmedizinerin.

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Am 5. Mai war in den Medien zu lesen, dass der Deutsche Ärzte­tag das berufsrechtliche Verbot der ärztlichen Beihilfe zum Sui­zid aufgehoben habe – auf Basis des Urteils des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Jahr. Mediziner(innen) sollten künftig „frei und allein auf Basis ihres Gewissens“ entscheiden können, ob sie Suizidwillige beim Sterben unterstützen. Gleichzeitig wurde betont, dass sie weiter primär dem
Leben verpflichtet bleiben.

Dies alles geschieht, während man in Österreich in einem "Dialogforum" um eine Regelung der „Suizid­beihilfe“ ringt – und dabei auch um die mögliche Rolle der Ärztinnen und Ärzte. Zur Erinnerung: Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat aus dem Recht auf freie Selbstbestimmung abgeleitet, dass das ausnahmslose Verbot der Mitwirkung am Selbstmord verfassungswidrig sei. Die Mitwirkung an einer Selbsttötung ist damit ab 1. Jänner 2022 nicht mehr in allen Fällen strafbar. Weiterhin unter Strafe stehen die „Verleitung zum Selbstmord“ sowie die „Tötung auf Verlangen“ .

Keine Pflicht zu heilen

In der Praxis bedeutet das freilich auch Folgendes: Es gibt zwar ein „Recht auf Leben“, aber kein „Recht auf Sterben“! Es ist nicht rechtswidrig, sich selbst zu töten (Autonomie über das eigene Leben). Und: Eine Patientin, ein Patient kann eine medizinisch wirksame/indizierte Behandlung jederzeit ablehnen und muss dafür keinen Grund angeben („Recht auf Unvernunft“). Eine eigenmächtige Heilbehandlung gegen den Willen des Patienten bleibt damit ein Straftatbestand. Das Ärztegesetz verpflichtet Mediziner(innen) zwar, nach Maßgabe von Wissenschaft und Erfahrung zum „Wohle des Patienten“ und zum „Erhalt der Gesundheit“ zu handeln. Es gibt aber keine juristische „Verpflichtung zu heilen“!

Nach 20 Jahren Tätigkeit auf einer Intensivstation finde ich es erstaunlich, dass sich Menschen intensiv und öffentlich mit dem Thema Sterbehilfe beschäftigen, lautstark ihr „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ einfordern und verlangen, dass ihnen durch Dritte geholfen werden darf – während gleichzeitig Sterben und Tod in unserer Gesellschaft ein großes Tabuthema bleiben beziehungsweise sogar in der Medizin nicht offen und meist zu spät darüber gesprochen wird. Im Intensivbereich, wo wir mit Patient(inn)en oft nicht mehr kommunizieren können, wissen wir sehr wenig über deren Wünsche und Wertvorstellungen. Wobei das im Juli 2018 in Kraft getretene neue Erwachsenenschutzgesetz weitreichende Möglichkeiten der Selbstbestimmung gäbe: Durch eine rechtzeitig errichtete Patient(inn)enverfügung oder eine Vorsorgevollmacht kann etwa bestimmt werden, welche An- und Zugehörige den mutmaß­lichen Willen einbringen dürfen, falls man selbst während eines Intensivaufenthaltes nicht mehr für sich selbst sprechen kann.

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