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Die Welt an sich

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DIE ONTOLOGIE KANTS. Ihr Grundriß in der Transzendentalphilosophie. Von Ottokar Blaha. Salzburger Studien zur Philosophie, Bd. 7., Verl. A. Pustet, Salzburg München, 1967. 244 Seiten. S 215.—,

Lange Zeit hindurch hat man unter dem Einfluß des Neukantianismus Kant, den Kant der kritischen Schriften, fast ausschließlieh als Erkenntnistheoretiker und Zerstörer der überkommenen Metaphysik verstanden. Erst in den letzten Jahrzehnten lenkte die Kant-Interpretation ihr Augenmerk stärker auf die metaphysische oder ontologische Grundlegung der Kantischen Transzendentalphilosophie, der O. Blaha, Dozent an der Universität Salzburg, eine zusammenfassende Darstellung widmet. Es gibt gute Gründe, von einer solchen ontologischen Fundierung bei Kant zu sprechen: von der Konstitution der Naturwelt in ihrer notwendigen und allgemeinen Gesetzmäßigkeit durch das vom Ding an sich offlzierte Subjekt an sich, von der Freiheit und Unsterblichkeit der unter dem Sittengesetz stehenden Person und von Gott als dem letzten, unbedingten Seinsgrund. Blaha zeichnet den ontologischen Beweisgang Kants im Detail nach. Ungelöst blieb allerdings schon bei Kant und muß auch in dieser Interpretation die bereits vom deutschen Idealismus aufgegriffene) systematische Frage bleiben, woher Kant in diesem seinem ontologischen Ansatz die Berechtigung nimmt, die Kategorien — wenn auch in analoger Weise — über die Erscheinungswelt hinaus auf die Dinge an sich anzuwenden. Kant hat in seiner Lehre von der transzendentalen Affektion oder im postulatorischen Beweis von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit eben noch ein Stück dogmatischer, rationalistischer Metaphysik vorgelegt. Und problematisch erscheint dem historischen Kant gegenüber die These Blahas, die intelligible Welt Kants, die Welt der Dinge an sich, sei eine Welt der Subjekte an sich, das eigentlich Seiende sei eine „Welt der Geister“, der endlichen Geister und des unendlichen Geistes Gottes. Blaha deutet die Ontotogie Kants als eine spirituali-stische Metaphysik, genauer gesagt: als eine personalistische Monadologie, die vom personalen Seinsgrund aus eine stufenweise Konstitution der Gesamtwirklichkeit leistet.

Aber philosophische Interpretationen philosophischer Systeme werden im allgemeinen nicht nur in historischer, sondern auch in systematischer Absicht geschrieben. Darum sagt Blaha, auch wenn er sich vom „Geistmonismus“ Kants distanziert, mit dieser seiner Formel von der stufenweisen Konstitution der Gesamtwirklichkeit vom personalen Seinsgrund her zumindest ebenso viel über die Position Kants wie über seine eigene philosophische Position aus.

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